Während im Modellstudiengang in der Vorklinik mehr Fragen in der Freitextform beantwortet werden, gestaltet sich das Prüfungsformat in der Klinik anders. Hier kommen viele kleine Klausuren in Multiple Choice Form vom single best answer-Typ vor und viele mündlich-praktische Prüfungen. Du musst somit die Vorbereitung auf diese Prüfungen verändern und auch Deine Lernstrategien teilweise oder auch ganz über Bord werfen. In diesem Bericht möchte ich Dir meine Strategien für das Lernen auf diese Klausuren näher vorstellen.
Zunächst einmal: Jeder lernt anders und ist ein anderer Lerntyp. Manche lernen durch das Schreiben, andere wiederum sind eher auditive Lerner. Dieser Bericht zeigt also nicht DIE eine Möglichkeit, wie Du Dich am besten vorbereitest, sondern welcher Weg sich für mich als der beste erwiesen hat.
Die Multiple Choice Klausuren
Zum Vorbereiten auf die Multiple Choice Klausuren ist es immens wichtig, so viel wie möglich zu kreuzen. Du kannst das Thema verstanden haben und trotzdem durch die Klausur fallen, weil Du die Feinheiten nicht gelesen beziehungsweise nicht vorher gehört hast.
Da es sich bei den Multiple Choice Klausuren um eher kleinere Klausuren handelt (Maximal 30 Fragen), ist die Vorbereitungszeit für diese auch überschaubar. Meistens fange ich maximal eine Woche vorher an, intensiv dafür zu lernen.
Im Laufe der Zeit habe ich dabei gelernt, dass Altfragen für diese Klausuren unentbehrlich sind. Die Altfragen lerne ich mit dem Programm Anki (s. vorklinischer Lernbericht). Das Erstellen dieser digitalen Karteikarten nimmt nicht allzu viel Zeit in Anspruch und ein weiterer Vorteil ist, dass ich dann die Fragen immer überall dabeihabe. Neben den Altklausuren ist es natürlich auch wichtig, sich die Vorlesungsfolien nochmals anzuschauen und die Vorlesungen zu besuchen! Manchmal gibt es dort vom Dozenten wertvolle Hinweise bezüglich der Klausur, die einem sehr weiterhelfen. Das Anschauen der Vorlesungsfolien kannst Du auch mit einer Lerngruppe beziehungsweise einem Lernpartner kombinieren. Ich lerne durch das Diskutieren über bestimmte Themen enorm viel und manchmal hilft es auch, sich nicht verstandene Inhalte noch mal erklären zu lassen. Mit meinem Lernpartner gehe ich auch gerne nicht verstandene Altfragen durch oder solche, bei denen die Antwort nicht eindeutig ist. Es ist schon öfters vorgekommen, dass ich in der Klausur saß und mich durch das Erinnern an die Diskussionen manche Fragen beantworten konnte.
Das ausschließliche Lernen mit den Altfragen oder mit den Vorlesungsfolien ist jedoch nicht genug. Es ist wichtig, beides miteinander zu kombinieren, da man nie weiß, wie viel Klausurfragen aus Altfragen bestehen werden und welches die neuen Fragen sein werden. Ich würde Dir absolut nicht empfehlen, auf Lücke zu lernen, sondern Du solltest möglichst alle Themen abdecken. Leider ist es bei diesen Klausuren tatsächlich so, dass Du Dir enorm viel Wissen in sehr kurzer Zeit aneignest, dieses jedoch genauso schnell wieder verschwindet.
Für größere Fachbereiche wie die Innere Medizin oder Gynäkologie lohnt es sich auch im Hinblick auf das Staatsexamen nachhaltiger zu lernen. Dazu habe ich mir das Lernen mit Kausalketten angeeignet. Ich lerne noch immer viele Krankheitsbilder, indem ich eine Kausalität zu den Symptomen eines Patienten herstelle. Dazu zeichne ich mir dann diese Kausalkette auf einem großen Bogen. Dies mache ich mit meinem Lernpartner gemeinsam, da auch hier viele Informationen zusammenfließen und man sich hinterher die Sachen besser merken kann. Diese Kausalketten habe ich in einem Ordner abgeheftet und bewahre sie für das Staatsexamen auf.
Da ich auch durch das Aufschreiben sehr viel lerne, mache ich mir bei sehr komplizierten oder sehr allgemeinen Themen (wie das Lesen eines EKGs) meine eigenen Aufschriebe, um den Überblick zu behalten. Dies ist bei Anki (meinem Lernprogramm) nicht so gut umsetzbar, weshalb ich das separat erstelle. Diese Unterlagen haben mir schon oft in der Klinik weitergeholfen, vor allem wenn ich mich für einen Block vorbereiten wollte.
Die praktisch-mündlichen Prüfungen
Die praktisch-mündlichen Prüfungen im klinischen Abschnitt sind teilweise OSCEs und teilweise OSLERs (s. POL-Bericht). Der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Prüfungsformaten ist, dass Du beim OSCE Simulationspatienten hast, während der OSLER mit realen Patienten in der Klinik durchgeführt wird.
Die Vorbereitung für beide Prüfungen ist für einen selbst jedoch die gleiche. Im Blockunterricht hast Du im Idealfall die wichtigsten Krankheitsbilder durch den Unterricht und durch den Klinikalltag gelernt und nun sollst Du in der Prüfung unter Beweis stellen, dass Du diese auch erkennst und weiß, wie diese zu behandeln sind.
Für diese Prüfungen lag mein Fokus vor allem auf den Vorlesungsfolien. Diese habe ich systematisch durchgearbeitet und mir meine eigenen Aufschriebe dazu erstellt. Danach habe ich in der Klinik immer wieder meine Untersuchungstaktiken gelernt und ausgebessert. Hier war es gut, sich einen Arzt dazu zu holen, der mir nochmal über die Schulter schaut und ein konstruktives Feedback gab. Für die OSCEs habe ich am Ende meine Aufschriebe zu den verschiedenen Krankheitsbildern systematisch auswendig gelernt, damit ich mich während der Prüfung auf das richtige Untersuchen des Simulationspatienten konzentrieren kann. Im Endeffekt ist die Vorgangsweise bis zur endgültigen Diagnose immer gleich: Ich fange mit einer kurzen Anamnese zu den aktuellen Beschwerden an, inspiziere den Patienten, untersuche ihn auf seine Beschwerden bezogen und mache einige spezifische Tests. Dann stelle ich eine Verdachtsdiagnose und erzähle dem Prüfer, wie ich bei der weiteren Diagnostik vorgehen würde, um die endgültige Diagnose stellen zu können. Nach dieser erzähle ich dem Prüfer noch, welche Therapie ich – gemäß den Leitlinien – vorschlagen würde und beende meinen Untersuchungsvorgang. Je nachdem, welchen Verdacht ich äußere, ändert sich somit meine Diagnostik und die Therapieempfehlung. Dieses Wissen kannst Du Dir in manchen Fällen logisch herleiten und in anderen ist es das Einfachste, dieses auswendig zu lernen. Dazu helfen Altskripte, Folien und das Beste ist natürlich, sich selbst ein Skript zusammenzustellen. Dies kannst Du auch gemeinsam mit Deinem Lernpartner angehen. Wichtig ist, dass Du gemeinsam mit einem Lernpartner auch in Deiner Freizeit an Deine Untersuchungstechniken arbeitest und diese weiter ausfeilst. Deshalb unterscheidet sich der vorklinische OSCE nicht sehr stark vom klinischen: Du brauchst unbedingt einen zuverlässigen Lernpartner, dem Du vertraust und mit dem Du gut lernen kannst.
Für die OSLER habe ich mich ähnlich vorbereitet, wobei hier ein eigenes Skript ein absolutes Muss war. Während der OSCE getaktet (6-7 Minuten) abläuft, hatte ich beim OSLER in der Regel mehr Zeit, die Du Dir auch nehmen solltest! Meistens hatte ich eine Stunde mit meinem Prüfungspatienten allein, die ich mir frei einteilen konnte. Es lohnt sich, eine ausführliche Anamnese mit dem Patienten zu machen, da manchmal die Beschwerden des Patienten nicht immer sehr klassisch zu einem Krankheitsbild passen und dann musst Du tiefer in der Vergangenheit nach dem Auslöser suchen. Ich habe mir meine Anamnesefragen vorher zusammengestellt, damit ich keine in der Prüfung vergesse und somit nichts übersehe. Diese Checkliste durfte ich in den meisten OSLER mit reinnehmen, weshalb ich hier nicht so viel auswendig lernen musste. Das würde ich Dir auf jeden Fall auch empfehlen! Nach den Fragen untersuchte ich den Patienten etwa eine halbe Stunde, wobei ich möglichst viele Bereiche mit abdecken musste und auch dafür eine Checkliste zusammengestellt hatte. In der Neurologie ist es zum Beispiel enorm wichtig, ganzheitlich zu untersuchen, denn jedes kleine Symptom kann auf einen anderen Schaden hindeuten, welcher versorgt werden muss. Danach hatte ich noch eine halbe Stunde Zeit, meine Unterlagen zu sortieren, eine Verdachtsdiagnose aufzustellen, Therapieempfehlungen zu verschriftlichen und diese dann meinen Prüfern vorzustellen. Diesen Transfer musste ich jedoch selbst ohne Hilfe schaffen, weshalb meine Vorbereitung auf den OSLER vor allem diesen Bereich abdeckte: nämlich möglichst viele Krankheitsbilder beziehungsweise vor allem die klassischen Krankheitsbilder des Fachbereiches anschauen und deren Therapien auswendig zu lernen. Denn auch wenn der Patient etwas völlig anderes hat, beziehen sich die Prüfungsfragen nach der Patientenvorstellung oft auf diese Krankheitsbilder, weshalb es sich in jedem Falle lohnt, gute Unterlagen zu diesen zu erstellen und zu lernen.
In manchen Fächern gab es die Möglichkeit, noch mal in die Akte des Patienten zu schauen, um seine Verdachtsdiagnose formulieren zu können. Diese Akte muss jedoch vom Arzt angefragt werden und Du kriegst natürlich keine Unterlagen mit der feststehenden Diagnose präsentiert. Ziel der Prüfung ist es nämlich, das klinische Denken zu fördern.
In diesen Prüfungen ist es enorm wichtig, strukturiert und systematisch vorzugehen, wobei mir hier nicht das auswendig lernen von Inhalten weitergeholfen hat, sondern vielmehr das Verständnis von den Erkrankungen. Das Nachbereiten des Unterrichts anhand der Vorlesungsfolien und meinen Mitschriften war deshalb enorm wichtig und der ausschlaggebende Punkt, um diese Prüfungen zu bestehen.
Mein Tipp lautet:
Schreib Deine eigenen Skripte, diskutiere mit anderen über Unstimmigkeiten, atme bei der Prüfung einmal tief durch und arbeitet dann Deine Punkte ab. Mit diesem Rezept wird die Prüfung ein Erfolg!
Autorin: Saher Dilshad