Neben den Famulaturen müssen in der Klinik bestimmte Leistungsnachweise in den sogenannten Querschnittsbereichen erbracht werden. Dabei ist jeder Leistungsnachweis im Querschnittsbereich in unterschiedlichen Semestern angedacht und die Leistung ist nicht immer eine Klausur, sondern kann ein anderes Format haben. Einer dieser Querschnittsbereiche ist die klinisch-pathologische Konferenz. Diese ist bei uns am Ende des Studiums (im 9./10. Semester) geplant und hat ein völlig neues Prüfungsformat.
Die klinisch-pathologischen Konferenzen werden bei uns auch als Differenzialdiagnose-Wochen (DD-Wochen) bezeichnet. Insgesamt werden acht Wochen angeboten, wobei vier davon verpflichtend sind. In jeder Woche geht es um ein anderes Thema/Leitsymptom wie beispielsweise „Brustschmerzen und Luftnot“ oder „Übelkeit, Erbrechen und Durchfall“, welches näher beleuchtet werden soll.
Jede Woche wird von einem neuen Moderatorteam, welches sich aus den teilnehmenden Studenten zusammensetzt, geleitet. Die Gestaltung der Woche obliegt also diesem Team. Das Team der Woche wird von der Universität (der Klinikkoordination) bestimmt und auch der Tutor für jede Woche ist ein anderer Arzt, welchen die Klinikkoordination zuvor bestimmt hat. Vor Beginn der Wochen muss sich das Moderatorteam mit seinem Tutor zur Besprechung für die Woche zusammensetzen. Die Kontaktdaten werden von der Klinikkoordination zur Verfügung gestellt. Es lohnt sich für den Termin vor Ort in der Klinik zu sein, in der der Tutor tätig ist, denn der Tutor hat die Aufgabe, einen Patientenfall herauszusuchen, den die Studierenden des Leitungsteams anamnestizieren und untersuchen können. Die DD-Woche orientiert sich oft an diesem Patientenfall.
Insgesamt hat das Moderatorteam 6 Stunden mit wichtigem Input für die anderen Studenten zu füllen – drei davon sind ganz am Anfang der Woche, also am Montag und drei am Ende der Woche, also am Freitag. Ziel ist es, das Thema den Studenten so zu vermitteln, dass das differenzialdiagnostische Denken gestärkt wird und jeder der Teilnehmenden etwas aus der Woche mitnimmt. Es lohnt sich also, in den eigenen Stunden für viel Abwechslung zu sorgen und die Stunden interaktiv zu gestalten, um die Studenten zum Selbstdenken zu animieren. Innerhalb der Woche finden noch weitere Vorlesungen zu dem Thema der Woche statt – meist sind dies klinische Fächer wie Radiologie, Pathologie, Psychosomatik und Laboratoriumsdiagnostik. Damit die Dozenten auch wirklich zu den Vorlesungen kommen und auch wissen, worüber sie ihren Vortrag halten sollen, müssen auch diese vorher vom Moderatorteam per Mail angeschrieben oder abtelefoniert werden. Des Weiteren können mehr Vorlesungen vom Team geplant werden. Dies muss jedoch vorher mit der Klinikkoordination (zwecks Raumbelegung an der Universität) abgeklärt werden. Das Leiten und Planen ist also der primäre Leistungsnachweis für diese Woche und wird auch vom Tutor benotet, allein die Teilnahme an diesen vier Wochen reicht zum Erwerb dieses Scheines nicht aus.
Ich habe gemeinsam mit vier weiteren Kommilitonen die DD-Woche „Übelkeit, Erbrechen und Durchfall“ geleitet. Das Planen dieser Woche nahm anfangs viel Zeit in Anspruch, da wir alle etwas ratlos waren, wie wir die Woche gestalten sollen und was unsere Aufgaben sind. Etwa vier Wochen vor unserer DD-Woche haben wir uns mit unserem Tutor in der Klinik getroffen und die Woche durchgesprochen. Dabei haben wir viele gute Ideen bekommen, die wir auch teilweise umgesetzt haben. Zwei von uns fünf sind etwas länger in der Klinik geblieben und haben den vorgeschlagenen Patienten besucht und mit ihm ein Anamnesegespräch und eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Einiges an der apparativen Diagnostik war bei dem Patienten noch nicht erfolgt, weshalb meine zwei Kommilitonen diese Unterlagen später noch angefragt haben.
Die beiden anderen Kommilitonen und ich haben uns zusammengesetzt und angefangen, ein grobes Konzept für die Woche zu erstellen. Dabei ist uns aufgefallen, dass die drei Leitsymptome sehr unspezifisch sind und ziemlich viele Fachbereiche umfassen.
Um diese ins Gedächtnis zu rufen, haben wir am Montag mit einem Tabu-Spiel mit sehr verschiedenen Erkrankungen begonnen. Die Karten wurden unter der Gruppe der Teilnehmer verteilt und das Spiel begann im großen Plenum. Durch das Spiel waren alle etwas aufgelockert und interessiert am Thema. Dann kam ein etwas trockener Teil – die Pathophysiologie des Erbrechens. Diesen Teil habe ich vorbereitet und obwohl wir in der Klinik so oft mit Patienten die Übelkeit verspüren oder auch erbrechen müssen, zu tun haben, war uns die Pathophysiologie dahinter nicht bewusst. Welche Faktoren begünstigen das Erbrechen und welche Körpersysteme können das Erbrechen unterdrücken? Wo genau wirken die Antiemetika (Medikamente)? Dies waren Fragen, die ich versucht habe, mit meinem Anteil zu beantworten. Dabei habe ich eine Kausalkette zum besseren Überblick erstellt, denn es ist nicht nur ein Körpersystem beteiligt und auch die Wechselwirkungen sind in dieser Ansicht besser darstellbar.
Als Nächstes haben wir im Plenum möglichst breit Differenzialdiagnosen gesammelt und diese aufgelistet, wobei wir besonders hervorgehoben haben, welche Erkrankungen alle drei Symptome (Übelkeit, Erbrechen und Durchfall) auslösen können. Als Nächstes stellten wir den Patientenfall vor. Dieser wurde jedoch nicht ganz aufgelöst. Die Aufgabe der Teilnehmenden bestand nun darin, sich in vier Gruppen aufzuteilen und wie in der Vorklinik in POL (s. Bericht POL) jeweils eine Kausalkette zu einer Erkrankung zu erstellen. Diese wurden im großen Plenum vorgestellt und am Ende wurde diskutiert, welche am passendsten zu den Symptomen des Patienten erscheint. Es folgte nun ein großer Block an Diagnostik. Dabei wurden erst die Blickdiagnosen mit den Teilnehmenden gestärkt und im Anschluss kam ein jeweils kurzer Input zu der Diagnostik der Kausalketten, wie beispielsweise wird die Diagnose einer Gastroenteritis gestellt.
Danach ging es in die Woche mit den Vorlesungen, die außer der Psychosomatik alle stattfanden. In der Zwischenzeit haben wir für die Teilnehmenden sogenannte Pocket Cards mit den „red flags bei Übelkeit, Erbrechen und Durchfall“ und „Wie sonografiert man das Abdomen?“ erstellt. Diese „Kittelkarten“ können im Praktischen Jahr benutzt werden und helfen, den Überblick nicht zu verlieren. Denn auch wenn wir nicht planen, alle Gastroenterologen zu werden, sollten bei manchen Symptomen die Alarmglocken angehen und wir sollten in der Lage sein, akute Notfälle in unserer Ambulanz zu erkennen und richtig einzuordnen.
Am Freitag folgte unser zweiter Input-Teil, wobei zunächst alle Teilnehmer gebeten wurden, in ihren Kleingruppen zusammenzugehen und ein Therapiekonzept für ihre jeweilige Erkrankung zu erstellen. Dies wurde im großen Plenum vorgestellt. Als Nächstes löste unsere Gruppe den Patientenfall mit der erfolgten Diagnostik auf, wobei noch einmal wichtige Marker für die Erkrankung des Patienten hervorgehoben wurden. Wir hatten unseren Tutor im Vorfeld gebeten, einen Vortrag über die Sonografie des Abdomens (Bauch) zu halten und welchen neuen Diagnostikmethoden für gastroenterologische Erkrankungen im Kommen sind. Dies war für Freitag nach dem Patientenfall eingeplant. Nach seinem Vortrag neigte sich der Tag bereits dem Ende. Zum Abschluss haben wir ein Kahoot-Quiz mit 10 Fragen vorbereitet und die ersten drei Plätze bekamen ein kleines Geschenk.
Somit endete unsere Differenzialdiagnose Woche, wobei unser Tutor für den Montag und Freitag ein Protokoll führte und uns kurz Rückmeldung ab, dass er mit unserer Leitung der Woche zufrieden war.
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass nach jahrelangen Vorlesungen man nun die Chance bekommt, aktiv eine Unterrichtseinheit zu gestalten und selbst Dozent zu sein. Es soll einerseits das differenzialdiagnostische Denken gestärkt werden, das Arbeiten in einem interaktiven Team soll noch nähergebracht werden und letzendes soll uns die Gestaltung der Woche darauf vorbereiten, was uns im Praktischen Jahr erwartet – viel Verantwortung und das selbstständige Erarbeiten von Wissenslücken.
Autorin: Saher Dilshad