Der Orthopädie-Untersuchungskurs

Der erste Untersuchungskurs in der Vorklinik ist der Orthopädie Untersuchungskurs. Er hat somit einen großen Stellenwert für einen jeden Studierenden persönlich, da es der erste praktische Kurs in der Humanmedizin ist. In diesem Bericht möchte ich Dir den Ablauf dieses Kurses näherbringen und auch wie Du Struktur in Deinem Untersuchungsablauf kriegst.

Da ich vor dem Studium keine Vorausbildung hatte – was ziemlich unüblich in Witten ist – war dieser Kurs für mich die erste Erfahrung in der praktizierenden Medizin. Der Kurs fand im ersten Semester einmal wöchentlich für circa 2 Stunden statt. Wie bei allen anderen Untersuchungskursen gab es zuerst in der großen Gruppe (44 Studierenden und einige Co-Tutoren aus höheren Semestern) eine allgemeine Einführung. Diese wurde von einem Orthopäden aus der Klinik geleitet und sollte den Schwerpunkt des POL-Falles (s. anderen Bericht) auf die Praxis lenken. Wenn es zum Beispiel im Patientenfall um die Kniegelenksarthrose ging, wurde im Untersuchungskurs die wichtigste Anatomie des Knies nochmals angerissen und dann die verschiedenen Tests bei den verschiedenen Krankheitsbildern, die beim Knie auftreten können, einmal vorgestellt. Diese Einführung wurde meistens mit einer PowerPoint-Präsentation gestützt und der Orthopäde bat am Ende auch noch mal einen Freiwilligen nach vorne, um die Untersuchungen für alle vorzumachen.

Danach ging es in die Kleingruppen á 6 Studenten und jeweils einen Co- Tutor. Dafür gibt es an der Universität speziell konzipierte Lernräume, die in einem Flur hintereinander folgen und die jeweils mit einem Whiteboard und einer Liege, wie man sie aus der hausärztlichen Praxis kennt, ausgestattet sind. In diesen Lernräumen ziehen sich dann alle Kleingruppen zurück, um das soeben Gelernte zu verarbeiten und zu üben.

Auch für den Orthopädie-Untersuchungskurs gibt es ein Skript, welches Du für die Prüfung und auch für die praktizierende Tätigkeit lernen solltest. Hierbei ist es wichtig, Struktur in Deinen Untersuchungsablauf zu bringen. Doch keine Sorge, um Dir das zu erleichtern, läuft in der Orthopädie fast jede Untersuchung nach dem gleichen Schema ab.

Der Ablauf

Es gibt 4 Punkte in diesem Ablauf, die bei jeder Untersuchung gleich sind:

1. Die Inspektion

Bei der Inspektion des Patienten wird dieser erst mal gebeten, sich vollständig zu entkleiden. Danach wird die Haut des Patienten angeschaut. Hierbei solltest Du auf unspezifische Zeichen wie Rötungen, Hämatome, Narben und Schwellungen achten. Danach schaust Du Dir das Muskelrelief an. Fallen hierbei irgendwelche Asymmetrien auf? Hat der Patient beispielsweise einen Schulterhochstand? Nimmt der Patient eine Schonhaltung ein?

Nach der allgemeinen Inspektion folgt nun die spezifische Inspektion des jeweiligen zu untersuchenden Abschnittes. Beispielsweise kann für die unteren Extremitäten das Gangbild angeschaut und bewertet werden.

2. Die Palpation

Nun darf der Patient „angefasst“ werden. Die Palpation beschreibt das Ertasten von Körperstrukturen durch die Hände. Du kannst nämlich viele knöcherne Strukturen sehr einfach mit Deinen Händen ertasten und damit schon ohne bildgebende Diagnostik einschätzen, ob beispielsweise der Knochen im Gelenk richtig sitzt oder ob Du eine Stufe ertastest. Beim Knie können beispielsweise die Kniescheibe, der Oberschenkelknochen und die beiden Knochen des Unterschenkels ertastet werden. Dabei kann man auch den Gelenkspalt ertasten und hierbei beispielsweise auch auf Gelenksergüsse achten.

3. Die Neutral- Null Methode

Im nächsten Schritt folgt nun die Einschätzung der Beweglichkeit des Gelenkes. Hierbei findet die sogenannte Neutral Null Methode Anwendung. Für das Knie solltest Du den Patienten bitten, sich auf die Liege zu legen, denn nun kannst Du einmal aktiv und passiv überprüfen, inwiefern das Knie durchgestreckt werden und gebeugt werden kann. Mit dem sogenannten Winkelmesser kann dann die Gradzahl dieser Bewegung bestimmt werden. Es gibt bestimmte Gradzahlen, die der Patient bei voller Beweglichkeit des Gelenkes erreichen sollte. Diese müssen vom Untersucher auswendig gelernt werden.

Wichtig ist auch, dass jedes Gelenk unterschiedlich aufgebaut ist und dementsprechend unterschiedliche Bewegungen ausführen kann. Das Knie kann nach außen und innen rotieren und eine Beugung und Durchstreckung machen, während die Schulter mehr sogenannte Freiheitsgrade hat und somit mehr Bewegungsfreiheit.

4. Spezifische Tests

Im letzten Schritt folgen die spezifischen Tests für das jeweilige Gelenk. Dieser Punkt ist enorm wichtig und hilft bei einer ordentlichen Durchführung, die Stelle der Schädigung sehr genau zu lokalisieren. Das Knie hat beispielsweise Außenbänder, aber auch Innenbänder – die Kreuzbänder. Je nachdem, welches Band gerissen oder überdehnt ist, resultiert eine andere Therapie daraus, weshalb dieser Schritt so wichtig ist und Du besonders darauf achten solltest, alle Tests zu machen.

Fazit

Damit endet ein Untersuchungsablauf in der Orthopädie. Auch hier ist es in der Kleingruppe enorm wichtig, immer wieder diesen Ablauf zu wiederholen und zu verinnerlichen. Denn für die Stationen in der praktischen Prüfung hast Du nur 5 Minuten Zeit und in dieser Zeit sollte ein kompletter Untersuchungsablauf vorgemacht werden können. Dazu musst Du unbedingt sicher in der Methodik sein und die Struktur beibehalten, denn auch nur so kannst Du in wirklich wenig Zeit mit wenig Aufwand ein gutes Ergebnis abliefern und auch nachhaltig beibehalten.

Autorin: Saher Dilshad