Mit Medizinstudenten assoziieren viele einen strebsamen, im stillen Kämmerchen sitzenden und nur selten das Tageslicht sehenden Bücherwurm. Selbstverständlich handelt es sich hierbei nur um ein Klischee, an dem aber trotzdem ein Fünkchen Wahrheit haftet. Neben dem ausufernden Studentenleben lässt sich die ein oder andere Stunde am Schreibtisch leider nicht vermeiden. Und oft realisiert man erst am Ende des Semesters, welche Berge an Lernstoff sich angehäuft haben. Der Stresspegel steigt und panische Kommilitonen, die in dieser Zeit wenig andere Gesprächsthemen zulassen als die anstehenden Prüfungen, leisten hierzu ihren Beitrag.
Wie kann man nun diese stressigen Wochen der Klausurphase und die Prüfungen souverän bestehen?
Zuerst solltest Du in Dich gehen und feststellen, warum Du Dir selbst so ein Druck machst. Die meisten Medizinstudenten sind es noch aus ihrer Schulzeit gewohnt gute Noten nach Hause zu bringen. Natürlich will man auch im Studium zu den Besten gehören! Viele denken, dass man nur so seine Lebensziele erreichen kann. Um ein guter Arzt zu werden, brauchst Du allerdings mehr als stumpf auswendig gelerntes Bücherwissen. Dieses dient bei der späteren Behandlung von Patienten lediglich als Basis. Das wissen natürlich auch Deine zukünftigen Chefs. Sie widmen der Examensnote meistens nur wenig Beachtung. Oft hört man sogar, dass Absolventen mit einer 2 den 1er-Kandidaten vorgezogen werden, weil ihnen mehr soziale Kompetenz zugetraut wird. Du tust also gut daran, Dich von diesem „Notendenken“ zu verabschieden. So kannst Du gleich viel entspannter ans Lernen herangehen.
Bei der nun herrschenden inneren Ruhe willst Du natürlich aber trotzdem die Prüfungen bestehen. Im Laufe des Studiums wirst Du feststellen, dass jeder Student seinen eigenen Lernstil hat. Die folgenden Punkte sollen Dir helfen, Deinen schneller zu finden.
Was soll ich lernen?
Dieser Punkt mag auf den ersten Blick merkwürdig erscheinen. Solltest Du nicht bei einer Prüfung über beispielsweise Dermatologie die ganze Dermatologie beherrschen? Natürlich wäre das schön, allerdings ist es unwahrscheinlich, dass Du innerhalb eines Semesters ein Facharzt-Niveau in mehreren Disziplinen erreichst. Eine gut durchdachte Selektion des Lernstoffs ist also schon die halbe Miete. Orientiere Dich hierbei zu allererst an dem Inhalt der Vorlesungen. Mit diesem Wissen bestehst Du die Klausuren. Viele Professoren stellen ihre Folien online, sodass Du sie bequem noch einmal durchschauen kannst. Leider bleiben hierbei jedoch viele Fragen unbeantwortet. Vor allem die Basics kommen bei einigen Dozenten, die vorrangig ihre eigenen Forschungsbereiche im Kopf haben, oft zu kurz. Hier lohnt sich der ein oder andere Blick in ein Lehrbuch.
Womit soll ich Lernen?
Für wenige andere Studienfächer gibt es ein so großes Angebot an Lehrmaterialien wie für Medizin. Neben den bereits erwähnten Vorlesungsfolien vom Professor findest Du in der Bibliothek eine Vielzahl an Büchern und Skripten. Und auch digital sind mittlerweile einige attraktive Möglichkeiten verfügbar. Es gilt: Alles ist erlaubt, was gefällt und hilft.
Für jedes Fach gibt es eine Vielzahl an Kurzlehrbüchern, Basic-Heftchen, Skript-Sammlungen und dicken Wälzern. Zu den großen Verlagen gehören unter anderem Thieme, Elsevier und Springer. Am besten schaust Du am Anfang jedes Semesters, welches Buch Dir für das jeweilige Fach am meisten zusagt. Keine Angst solltest Du vor größeren Seitenzahlen haben, da Du hier oft bessere Erklärungen und einen überschaubaren Zuwachs an Details findest.
Wer nicht auf die haptische Erfahrung eines echten Buches besteht, sollte sich die Online-Plattform „Amboss“ von Miamed angucken. Hierbei handelt es sich quasi um den „Goldstandard“ der medizinischen Lehrmaterialien. Alle wichtigen Krankheitsbilder werden mit praktischen Querverbindungen anschaulich erklärt. Und auch für Vorkliniker gibt es hier ein breites Angebot. Die meisten Universitäten stellen ihren Studenten einen kostenfreien Zugang zur Verfügung. Spätestens beim zweiten Staatsexamen greifen 90 % der Medizinstudenten zu dieser Variante. Der berüchtigte Hundert-Tage-Lernplan auf „Amboss“ gibt Dir genau vor, wann Du was zu lernen hast, um sicher durch das Examen zu kommen.
Zu Hause oder in der Bibliothek?
Für produktives Arbeiten ist die richtige Umgebung essenziell. Am bequemsten ist es natürlich zu Hause zu lernen, insbesondere wenn Du gerne laut Sachen für Dich wiederholst und dabei Schokolade essen willst. Leider ist die Prokrastinationsgefahr hier besonders hoch. Leicht fallen einem schönere Dinge ein, die man machen könnte und schon ist die Konzentration weg. Alternativ gehen viele Studenten gerne zum Lernen in die Bibliothek. In dieser Arbeitsatmosphäre kann man gut produktiv sein. Außerdem hast Du oft Deine Kommilitonen für Fragen oder einen gemeinsamen Kaffee in Rufweite. Leider sind insbesondere die Medizinerbibliotheken in der Lernphase überfüllt, laut und es riecht nicht selten nach Angstschweiß. Wenn einen das stört, kann man die Bibliothek einer anderen Fakultät besuchen. Besonders bieten sich hierbei kleinere Fächer aus beispielsweise den Geisteswissenschaften an.
Lernzeit effektiv nutzen
Nichts ist schlimmer, als stundenlang vor einem Buch zu sitzen und den gleichen Satz immer und immer wieder zu lesen, ohne dabei irgendetwas aufzunehmen. Solltest Du Dich mal an diesem Punkt befinden, tue Dir selbst den Gefallen und macht eine Pause. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass man sich nur 45-50 min am Stück konzentrieren kann. Dies gilt sowohl für Vorlesungen als auch für das private Lernen. Gewöhne Dir also einen Rhythmus an, in dem Du 45 min konzentriert lernst und dann 5-10 Minuten Pause machst. In dieser Zeit solltest Du etwas machen, wobei das Gehirn abschalten kann. Danach kannst Du wieder mit klarem Verstand in die Thematik einsteigen. Du wirst merken, dass die Motivation, die Zeit sinnvoll zu nutzen, bei der Aussicht auf eine baldige Pause stark ansteigt.
Effektivität durch Spaß
Wer verbringt schon gerne seine Zeit mit langweiligen Dingen? Mach Dir das Lernen selbst interessant. Das Gehirn kann sich am besten Dinge merken, wenn es Spaß hat. Bau Dir lustige Eselsbrücken, erfindet kurze Geschichten mit einer Krankheit als Protagonist oder verpackt das ganze in ein Lied. Auch gestandene Anatomie Professoren hört man gelegentlich ein Liedchen über die zwölf Hirnnerven trällern, die sie aus dem Effeff beherrschen. Auch die weniger kreativ Veranlagten müssen jedoch nicht verzagen. Medizin ist auch ohne kleine Merkhilfen spannend genug. Du solltest Dir das nur ab und zu vor Augen führen.
Lernen mit allen Sinnen
Das Gehirn speichert Informationen über die Ausbildung neuer Synapsen. Je mehr Quervernetzungen Du um eine Information erzeugst, desto leichter kannst Du diese später abrufen. Sicherlich hast Du schon einmal vom „visuellen“ oder „auditiven Lerntyp“ gehört. Und tatsächlich können einige besser aus Büchern lernen, während andere mehr aus Vorlesungen mitnehmen. Am besten beziehst Du so viele Sinne ins Lernen ein wie möglich. Ob Du beim Wiederholen der akuten Meningitis einen Schaumstoffball knetest oder zum Verlauf des Nervus Trigeminus an der Lieblingsschokolade riechst, sei jedem selbst überlassen.
Nervennahrung
Auch solltest Du darauf achten, beim Lernen genug zu trinken. Das hält den Blutdruck oben und sorgt für einen klaren Kopf. Alle, die sich im Studium schon mit Neurophysiologie beschäftigt haben, wissen, dass das Gehirn vor allem mit Glucose arbeitet. Sorge also auch hier für genug Nachschub.
Fang früh genug an
Die meisten Studenten, die in der Klausurphase verzweifeln, haben das Gefühl, nicht genug Zeit für die Wiederholung des Gelernten zu haben. Deswegen solltest Du darauf achten, früh genug mit dem Lernen anzufangen. Insbesondere für das Langzeitgedächtnis ist es wichtig, die Inhalte oft zu wiederholen. Wenn die Motivation es zulässt, ist es also am besten, sich parallel zu den Vorlesungen die besprochenen Inhalte noch einmal anzuschauen. So behältst Du auch gut den Überblick und vermeidest böse Überraschungen am Ende des Semesters.
Behalte also die Ruhe, finde Deinen eigenen Lernstil und vernachlässigt neben dem Schreibtisch-Sport nicht den regelmäßigen Barbesuch zum Ausbau Deiner sozialen Fähigkeiten. Deine Patienten werden es Dir danken!
Viel Erfolg beim Lernen und nicht vergessen: Die Vier gewinnt!
Autor: Dominik B.