Du hast im klinischen Abschnitt oder bei einem Deiner Jobs bestimmt schon vor folgender Situation gestanden: Du möchtest dem Patienten Blut abnehmen, doch dieser weigert sich, diese Behandlung über sich ergehen zu lassen. Also läufst Du zum Arzt, um ihm mitzuteilen, dass der Patient keine Blutentnahme wünscht. Der Assistenzarzt hat jedoch keine Zeit für Dich und teilt Dir lediglich mit, dass die Blutentnahme sein muss. Was machst Du nun? In diesem Bericht möchte ich Dir ein paar Tipps geben, wie Du mit solchen Patienten umgehen kannst und wie Du es vielleicht doch schaffst, ihn umzustimmen.
Den Willen des Patienten ernst nehmen
In meinem Bericht über die medizinethische Vorlesung habe ich Dir schon erläutert, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen bei einem nicht einwilligungsfähigen Patienten aussehen, bei der Ablehnung einer Behandlung – also einem durchaus einwilligungsfähigen Patienten – sind diese gar nicht so verschieden. Sowie es auch beim nicht einwilligungsfähigen Patienten primär darum geht, seinen Willen auf verschiedenen Wegen herauszufinden und dementsprechend zu handeln, ist auch hier der ablehnende Wille des Patienten ernst zu nehmen. Wenn Dein Patient also die Blutabnahme ablehnt (auch nur mündlich!), kannst Du nicht – wie so oft von den Assistenzärzten verlangt – einfach hingehen und sagen, er müsste das über sich ergehen lassen. Sollte der Patient deshalb vor Gericht gehen, dann könnte es für dich ziemlich brenzlig werden, denn das Handeln gegen den Willen des Patienten könnte bei einer Blutentnahme als Körperverletzungsdelikt ausgelegt werden. Doch jetzt fragst Du Dich bestimmt, wie Du allen im Krankenhaus gerecht werden kannst. Schließlich willst Du Deinem Auftrag (der Blutentnahme) so gut wie möglich nachkommen und Deinem ohnehin schon überforderten Arzt nicht mit solch einer Lappalie beschäftigen.
Der erste Eindruck zählt – auch bei der Behandlung
Dafür fangen wir ganz von vorne an. Betrete den Raum immer mit einem Lächeln und guter Laune. Dann sind die Patienten viel eher bereit, deinem Wunsch nachzukommen. Auch ist es wichtig, dem Patienten vor der Blutentnahme etwas aufzuklären. Oft hilft es die Blutentnahme und die Angst davor etwas zu nehmen, jedoch auch das richtige Maß an Anteilnahme zu zeigen. Mir hat der Satz „Ich muss Sie leider kurz stören und einmal pieksen“, oft weitergeholfen. Viele Patienten wollen dann auch wissen, wofür Sie noch mal gestochen werden müssen. Meistens dient die Blutentnahme zur Kontrolle der Verlaufsparameter. Wenn Du es jedoch überhaupt nicht weiß, dann weise die Patienten darauf hin, in der Visite nach ihren Blutwerten zu fragen. Es hilft auch sich auf die Seite der Patienten zu stellen. Erkläre diesen, dass sie ein Anrecht haben ihre Werte zu erfahren und diese auch einfordern können.
Wenn Dein Patient trotzdem die Blutabnahme ablehnt, dann solltest Du nicht wütend werden oder die Fassung verlieren. Zeige etwas mehr Mitgefühl und verdeutliche dem Patienten, dass es in Ordnung ist nicht jede Behandlung mitzumachen. Kläre ihn jedoch auch auf, dass Du dies an den zuständigen Arzt weiterleiten musst und dieser vielleicht noch mal vorbeikommt. Verabschiede Dich dann höflich und spreche das mit deinem Arzt durch. Die meisten Assistenzärzte nehmen sich – wenn Du noch sehr unerfahren in der Klinik bist – Zeit und gehen mit dir gemeinsam zum Patienten. Sollte die Ablehnung wirklich damit zu tun haben, dass der Patient keine Lust mehr auf die ständigen Blutentnahmen hat, dann hilft es oft, wenn der Arzt ihm noch mal zeigt, weshalb so oft Blut abgenommen wird. Danach willigen schon die meisten Patienten ein.
Einmal ist keinmal – versuche es mit neuen Argumenten
Sollte jedoch Dein Arzt keine Zeit für Dich haben, musst Du allein die Situation meistern. Ich würde deshalb noch mal zurück ins Zimmer gehen und noch mal mit dem Patienten sprechen. Sätze wie „Ich habe noch mal mit dem Arzt Rücksprache gehalten und er sagt, dass die Blutentnahme heute leider wirklich wichtig ist“, können schon wahre Wunder bewirken. Dadurch hat der Patient nämlich das Gefühl, dass die Blutentnahme nicht wahllos angefordert wurde, sondern tatsächlich mit seiner Erkrankung zu tun hat. Manchmal hilft es auch den Patienten mit der Entlassung zu locken. Wenn Du ihm erklärst, dass gute Werte dazu führen könnten, dass er frühzeitig entlassen wird, dann sind auch viele Patienten begeistert und lassen die Tortur über sich ergehen. Manchmal hat die Ablehnung des Patienten jedoch nicht mit der Blutentnahme zu tun, sondern resultiert aus anderen Gründen. Es könnte sein, dass ein Patienten Dich für inkompetent hält. Dann wird er so Sätze einwerfen wie „Oje, und sie können das wirklich? Wie oft haben Sie das schonmal gemacht?“. Lass dich davon nicht verunsichern! Bleibe professionell und weise diese Anschuldigungen zurück. Erkläre dem Patienten freundlich, aber bestimmt, dass Du dafür qualifiziert bist, schon sehr oft Blut abgenommen hast und das sehr gut kannst. Sollte der Patient jedoch weiterhin Angst verspüren und ablehnen, dann ist es in Ordnung, wenn Du auch keine Lust hast diese Blutentnahme zu machen. Ich habe das dann oft an andere Kommilitonen weitergegeben, die vielleicht etwas erfahrener waren und mehr Professionalität ausstrahlen. Es kann auch sein, dass hinter dieser Anschuldigung Rassismus versteckt ist (zumindest habe ich das ein paar Mal erlebt). Auch dann würde ich die Blutentnahme weitergeben, wenn es sein muss auch an den zuständigen Arzt. Es hat keinen Sinn den Patienten dazu zu überreden sich von Dir behandeln zu lassen, wenn Dir so viel Abneigung entgegenschlägt.
Wie geht es weiter, wenn das „Nein“ endgültig ist?
Zu guter Letzt kann der Patient noch immer ablehnend sein und jegliche Behandlung verweigern. Auch das ist in Ordnung, denn das ist das Recht des Patienten. Es liegt Dann nicht mehr in Deinem Aufgabenbereich, auf den Patienten einzuarbeiten. Der zuständige Arzt muss sich dann um diesen Patienten kümmern, was die meisten auch machen, wenn Du noch mal verdeutlichst, dass Du den Patienten zweimal aufgesucht hast und schon ohne Erfolg versucht hast mit ihm zu sprechen. Der Arzt muss nun entscheiden, wie es mit dem Patienten weitergeht und inwiefern er dann noch weiter im Krankenhaus behandelt werden kann. Du siehst also, dass Du es mit den richtigen Tricks sehr wohl schaffen kannst, einen uneinsichtigen Patienten umzustimmen, doch Du solltest bei dem ganzen auch Deine Grenzen kennen und diese nicht überschreiten.