In meinem Bericht über das Studium fundamentale (Stufu) habe ich Dir bereits berichtet, welchen Stellenwert dieses an unserer Universität und im Studium der Humanmedizin innehat. In diesem Bericht möchte ich nun etwas weiter gehen und Dir von meinen Erfahrungen in einem dieser Kurse berichten.
Der Stufu-Kurs „Schmeckt nicht gibt’s nicht. Die Form des kulinarischen Geschmacks“ wurde leider nur einmal im Sommersemester 2019 angeboten, weshalb ich ihn auch in diesem besuchte. Der Inhalt des Kurses wurde schon vorher etwas zusammengefasst, damit man sich ein ungefähres Bild machen kann, was der Kurs umfassen wird. In dieser Beschreibung hieß es, dass Geschmäcker über der Welt verteilt sehr unterschiedlich sind und unterschiedlichen historischen, kulturellen und soziologischen Aspekten zugrunde liegen. Doch wie bildet sich eigentlich Geschmack und welche Unterschiede gibt es bei der Ausbildung von diesem? Um diesen Punkten nachzugehen, sollten verschiedene soziologische Theorien herangezogen werden, um den Geschmack als Zusammenstellung von leiblichen, sozialen, biologischen und phänomenologischen Faktoren zu rekonstruieren. Nach diesem sehr theoretischen Teil sollte es in die Praxis gehen. Der Kurs sollte insgesamt 4 Tage gehen und an zwei Wochenenden ganztägig stattfinden.
Da ich einen Migrationshintergrund habe und mit der indisch- pakistanischen Küche aufgewachsen bin, freute ich mich in diesem Kurs meine Erfahrungen zu teilen, neue Geschmäcker auszuprobieren und darüber zu diskutieren. Die pakistanische Küche unterscheidet sich sehr stark von der deutschen, da in dieser viel stärker und mehr gewürzt wird, als man hier gewohnt ist. Meinen Eltern schmeckt das Essen oft hier nicht, da es für sie zu wenig gewürzt ist, während ich beide Küchen gerne esse, sehr experimentierfreudig bin und gerne neue Sachen ausprobiere.
Geschmäcker sind ein essenzieller Teil im Leben eines jeden und verbinden Menschen miteinander. Das habe ich schon früh bemerkt. Während manche beispielsweise das Gewürz Kreuzkümmel nicht riechen können und den Geschmack als „schmeckt wie Seife“ beschreiben, darf dieses in der pakistanischen Küche nicht fehlen und schmeckt mir sehr gut. Es riecht und schmeckt für mich wie Heimat.
Ich hatte sehr hohe Erwartungen an diesem Kurs und war gespannt, ob sich diese erfüllen würden. Leider fand ich den theoretischen Teil nicht sehr fesselnd. Ich war im Kurs mit vielen Leuten, die sich sehr gut mit den soziologischen Theorien auskannten und dementsprechend bei der Diskussion viel höher einsteigen konnten als ich. Leider schafften es jedoch die Kursveranstalter nicht, erstmals die Basics der Theorien durchzugehen, damit wir alle auf einem gleichen Niveau sind und die Möglichkeit haben mitzudiskutieren. Auch wurde der Kurs sehr stark eingeschränkt auf die unterschiedlichen Geschmäcker, die es in Europa, Amerika und China gibt, und somit wurden viele andere Küchen außer Acht gelassen, die auch diese Küchen mitbeeinflusst haben. Hinterher wurde mir natürlich klar, dass dies wahrscheinlich den zeitlichen Rahmen gesprengt hätte, doch ich hätte mich trotzdem darüber gefreut, wenn in der Beschreibung schon diese Eingrenzung gestanden hätte, damit ich weiß, dass der Kurs sich nicht mit allem befasst bzw. nicht ganz so wird, wie ich mir vorgestellt hatte. Da wir auch nur über die Theorien diskutierten, wurde wenig eigene Erfahrung miteinbezogen, was ich persönlich sehr schade fand.
Gerade in unserer heutigen globalen Zeit ändern sich viele Geschmäcker und Küchen sehr rasant und stark. In Großbritannien gehört beispielsweise das Chicken Tikka Masala zu den Nationalgerichten, obwohl es ursprünglich aus der indisch/pakistanischen Küche stammt. Hier sieht man, wie sehr die Kolonialzeit die Essgewohnheiten beeinflusst hat. Doch leider wurde dieser für mich sehr interessante Aspekt nicht angeschnitten und auch nicht weiter diskutiert.
Wir diskutierten viel über die sehr unterschiedlichen Essgewohnheiten. Die Amerikaner haben beispielsweise im Schnitt eine andere Kalorienanzahl, die sie am Tag essen als wir in Deutschland. Diese Aspekte wurden im Kurs diskutiert und wie man sich diese erklären kann.
Der praktische Teil kam leider auch sehr kurz und beinhaltete nur einige Snacks aus unterschiedlichen Küchen, was für mich für die Präsentation einer Küche zu wenig war.
Nicht desto trotz hat mir der Kurs geholfen, mich auch außerhalb meines Humanmedizinstudiums mit den verschiedenen Essgewohnheiten der Menschen auseinanderzusetzen. Es ist nämlich als Arzt immer sehr leicht gesagt, dass man nach einem Diabetes Typ 2 seinen Lifestyle und das Essverhalten ändern muss oder dass die Cholesterinwerte zu hoch sind und man das Fett reduzieren muss. Doch leider können die Patienten oft nicht viel mit dieser Information anfangen. Unsere Aufgabe ist es also hier vielmehr mit den Patienten zu besprechen, was er gerne isst und wie man effektiv die Ernährung umstellen kann. Schließlich sind wir die erste Anlaufstelle und sollten uns somit etwas damit auseinandergesetzt haben, um eine wirkliche Hilfe sein zu können. Nur so ist die Bereitschaft der Patienten, etwas an ihrem Leben zu ändern, größer, da sie dadurch wirklich Tipps mit an die Hand kriegen, die nicht sehr vage formuliert sind, sondern ihre Individualität mitberücksichtigen.
Diese Aspekte werden mich in meinem beruflichen Leben begleiten, wie ich auch schon in diversen Blockpraktika feststellen konnte. Ich würde euch deshalb empfehlen, sich mit der richtigen Ernährung früh – also im Studium – auseinanderzusetzen.
Autorin: Saher Dilshad