Auch im zweiten Semester gab es für uns Studenten zahlreiche Stufu-Kursangebote. Ich besorgte mir die Stufu-Zeitung und setzte mich an der Universität raus, um diese in Ruhe durchzulesen. Gleichzeitig wollte ich beim ersten Lesen die Kurse anstreichen, die mir zusagten. Doch ich stellte sehr schnell fest, dass in diesem Semester unheimlich viele Kurse dabei waren, die mir gefielen. Leider gibt es beim Stufu nie eine Garantie, dass der Kurs im nächsten Semester nochmal angeboten wird, weshalb mir die Entscheidung sehr schwerfiel, welche Kurse es denn letztendlich werden sollten. Im zweiten Durchlauf schaute ich mir die Zeiten an, in denen der Kurs angeboten wurde. Dadurch fielen einige schon raus – teilweise, da es Wochenendkurse waren, an denen ich keine Zeit hatte, und teilweise deshalb, weil zur selben Zeit ein anderer Kurs stattfand, den ich lieber besuchen wollte. Dadurch konnte ich meine Auswahl schon sehr minimieren.
Interdisziplinäres Zusammenkommen gewünscht
Einen Kurs, den ich unbedingt besuchen wollte, war der Kurs „KALEIDOSKOP Globale Kindergesundheit: Studieren, agieren, reflektieren“. In der Beschreibung des Kurses hieß es, dass man das Interesse an der globalen Kindergesundheit wecken und diese aus verschiedenen Perspektiven betrachten wolle. Dabei war explizit ein interdisziplinäres Zusammenkommen gewünscht, sodass nicht nur die Mediziner zu Wort kommen sollten, sondern auch andere Studierende aus anderen Studiengängen sich für diesen Kurs anmelden. Leider verlief in diesem Kurs jedoch vieles nicht nach Plan und meine Erwartungen an den Kurs konnten nicht erfüllt werden.
Im ersten Treffen gab es eine Einleitung vom Dozenten zu diesem Thema. Dabei wurde auch die Organisation des Kurses besprochen. Es hatten sich ursprünglich 20 Teilnehmer für den Kurs angemeldet; es erschienen jedoch nur 8. Die Kursleiter veranstalteten den Kurs zum ersten Mal und wussten nicht, dass das bei den Stufu-Kursen oft vorkommt, dass Studierende nicht erscheinen, sich aber auch nicht abmelden. Das stellte sie vor eine neue Herausforderung. Die geplante Aufteilung der Studenten konnte so nicht mehr erfolgen. Der Leiter des Kurses hatte nämlich ursprünglich geplant, dass wir dieses Wochenende genug Input zu dem Thema bekommen sollten und danach in Kleingruppen ein uns beliebiges Thema wissenschaftlich ausarbeiten und dann am UWH GLOBAL CHILD HEALTH DAY ein Poster präsentieren sollten. Nun erfolgte die Zuteilung mit den Teilnehmern, die anwesend waren, neu. Ich kam in eine Vierergruppe mit einer Managementstudentin, einer Studentin aus dem politikwissenschaftlichen Sektor und einem Studenten, der ein Orientierungsstudium machte. Die Aufteilung war jedoch im ersten Moment nicht relevant. Beim ersten Wochenende lernten wir enorm viel über Gesundheit und Politik in der Welt. Auch ein Arzt aus dem Team der Initiative „Ärzte ohne Grenzen“ besuchte uns und hielt einen Vortrag. Danach hatten wir die Möglichkeit, unsere Fragen zu stellen, die sich vor allem um seine Arbeit drehten. Das war sehr spannend und ich lernte in dieser Zeit sehr viel über die Gesundheitssysteme in anderen Ländern. Beim zweiten Wochenende gingen wir nun in unsere Kleingruppen zusammen und sollten jetzt ein Thema festlegen. Das gestaltet sich in unserer Gruppe etwas schwierig, da wir sehr unterschiedliche Interessen hatten und uns nicht ganz auf ein Thema einigen konnten. Letzten Endes einigten wir uns auf das Thema „Sexuelle Aufklärung in Pakistan“. An diesem Wochenende stellten wir eine Gliederung auf (die vor allem an der Poster-Vorlage orientiert war), betrieben etwas Literaturrecherche und besprachen, wie unsere Aufgabenaufteilung aussieht und wann wir uns nochmal zusammensetzen wollen, um das Poster zu erstellen. Danach war das meiste geschafft, doch nun folgte der wahre Schrecken.
Julia, die Studentin, die vor allem die Organisation der Kleingruppe übernahm, fragte immer wieder in unserer WhatsApp-Gruppe, wie alle vorankommen, und erinnerte uns daran, unsere Deadline einzuhalten. Ich schickte ihr meinen Teil ausgearbeitet und wie besprochen an dem von uns festgelegten Tag. Am nächsten Morgen rief sie mich jedoch sehr verzweifelt an. Der andere Student hatte nur Sachen rauskopiert und in eine Word-Datei zusammengefügt. Das müsse man alles nochmal ausarbeiten, da es so nicht zu gebrauchen wäre. Die andere Studentin meldet sich nicht. Sie reagiert nicht auf Anrufe und Nachrichten. Ich besprach mit ihr, dass wir so nicht weiterkommen würden und wir hatten parallel noch unser Vollzeitstudium, weshalb dieser Arbeitsaufwand nicht machbar war. Also meldeten wir uns bei dem Kursleiter. Dieser zeigte jedoch kaum Einsicht und meinte, dann müssen wir das Projekt eben allein auf die Beine stellen. Das ärgerte uns beide, da wir uns auf ein Thema geeinigt hatten, das für uns beide nicht unsere erste Wahl gewesen war und jetzt blieben wir darauf sitzen. Doch es half nichts. Die Arbeit musste gemacht werden. Nachdem kaum Studien zu diesem Thema existierten, fragten wir nochmal beim Kursleiter, ob wir nicht doch ein anderes Thema ausarbeiten könnten. Dies wurde verneint und uns wurde einiges an Material zugeschickt. Julia und ich setzen uns zwei Wochenenden dran und bearbeiteten unsere komplette Vorstellung. Am Ende hatten wir es geschafft: wir hatten ein Plakat aufgestellt und uns abgesprochen, wie wir diese präsentieren wollen. Da das Ganze hin und her enorm viel Zeit gefressen hatte, war es nicht mehr möglich, dieses am GLOBAL CHILD DAY zu präsentieren, weshalb wir einen individuellen Tag ausmachten, an dem wir es unseren Kursleitern und zwei weiteren Kollegen präsentierten. Die sexuelle Aufklärung in Pakistan ist ein großes Tabu-Thema und wird in den Schulen nicht unterrichtet. Das birgt jedoch einige Gefahren. Einerseits wissen natürlich viele nicht, was sie erwartet, und andererseits ist damit das Thema Verhütung auch nicht existent. Das kann auch Familien sehr viel Probleme bereiten, vor allem wenn man keinen Kinderwunsch mehr hat, jedoch nicht weiß, wie man verhüten könnte.
Das Ausarbeiten des Themas und einen Lösungsvorschlag zu erstellen, machte mir letzten Endes doch Spaß, da ich einen persönlichen Bezug zum Land hatte. Doch die Uneinsichtigkeit der Kursleiter, das unmögliche Benehmen mancher Gruppenmitglieder machte mir den Kurs sehr kaputt, sodass ich letzten Endes sehr frustriert aus diesem herausging. Doch die größte Lektion, die ich aus diesem Kurs und dessen Organisation ziehen kann, ist, dass letzten Endes die Organisation das A und O ist, um am Ende einen erfolgreichen Kurs zu haben. Dazu gehört auch das gegenseitige Entgegenkommen von Teilnehmenden und den Leitern – Hierarchien aufzustellen hilft einem nicht weiter und vermiest nur den Kurs.