Pflegepraktikum in den USA

Das Pflegepraktikum ist ein 3-monatiges Praktikum, welches jeder Medizinstudent im ersten Studienabschnitt dem vorklinischen Teil absolvieren muss. Es darf ausschließlich in den Semesterferien oder vor dem Studium gemacht werden, auf jeden Fall in einer offiziell vorlesungsfreien Zeit. Wenn man bedenkt, dass die Vorklinik nur zwei Jahre dauert und somit insgesamt nur vier Semesterferien anfallen, wird es in den ersten Jahren des Studiums sehr stressig und es bleiben nur wenig echte Ferien zum Ausruhen und Erholen zwischen den einzelnen Semestern. Um das Ganze ein wenig zu entzerren, würde ich daher jedem angehenden Medizinstudenten empfehlen, zumindest einen Monat des Praktikums bereits in der Pause zwischen dem Abitur und dem Studienbeginn abzuleisten.

Mein Weg sah noch etwas anders aus, ist aber auch durchaus zu empfehlen.

Nach dem Abitur habe ich nicht sofort einen Studienplatz bekommen und mich deswegen dafür entschieden diesen (wie ich damals fand) Rückschlag für mich zu nutzen. Ich fällte also die Entscheidung zu arbeiten, um etwas Geld anzusparen und dann für knapp vier Monate nach Amerika zu gehen, um dort mein Pflegepraktikum zu machen.

Bei der Suche nach passenden Orten, stehen dir alle Möglichkeiten offen. Schaue am besten nach Ländern bzw. Städten, die du sowieso schon immer einmal sehen wolltest, die schön zum Erkunden sind und natürlich auch deinem Budget entsprechen. Ich habe Familie in Amerika, genauer gesagt in Chicago, bei der ich für die Dauer meines Aufenthalts wohnen konnte, daher viel meine Entscheidung sehr schnell.

In den meisten Kliniken in den großen Städten Amerikas gibt es diverse Volunteering Programme, über die du dich einfach bewerben kannst. So auch im RUSH University Medical Center in Chicago, wo ich zunächst im Volunteering Programm gelandet bin. Nach einer kurzen E-Mail an den Koordinator, bei dem ich mich nett mit der Erklärung vorgestellt habe, wer ich bin und was ich machen möchte, bekam ich die Antwort, dass es absolut kein Problem sei, ich sollte nur sagen, wann ich komme, wie lange ich bleibe und welche Abteilungen ich sehen will. Achte unbedingt darauf zu erwähnen, dass du ein angehender Medizinstudent bist und gerne möglichst viel klinische Erfahrung sammeln willst. Da das Bildungssystem im Ausland (so auch in Amerika) ein anderes ist als in Deutschland, war der Unterschied zwischen Pflegepraktikum und Famulatur nicht ganz klar, das empfand ich im Nachhinein jedoch sehr zu meinem Vorteil.

Im Krankenhaus fing ich zunächst tatsächlich im Volunteering Programm an. Meine Aufgaben waren dabei vor allem der Patiententransport und aufgrund der enormen Klinikgröße die Zuweisung zu den verschiedenen Gebäuden und Abteilungen. So konnte auch ich die Klinik gut kennenlernen. Anschließend arbeitete ich als Praktikant auf den unterschiedlichsten Stationen. Child Services, OP, Nephrologie, Labormedizin, Psychiatrie, Neurologie und das absolute Highlight: die Notaufnahme. Ich durfte vor allem beobachten, das Personal war aber so unfassbar nett und hilfsbereit, dass sie mir, sobald ich Interesse zeigte und Fragen stellte, erlaubten bei jeder Aufgabe, die ich mir zutraute, auch mitzumachen.

In der Notaufnahme durfte ich an der Aufnahme von Patienten mit den unterschiedlichsten Krankheitsbildern teilnehmen. Ich wurde komplett an die Hand genommen und es fand mehr Bedside-Teaching statt, als ich es teilweise während meines PJ in Deutschland erlebt habe. Dies liegt vor allem daran, dass die Lehre in Amerika enorm klinisch geprägt ist und die Medizinstudenten ein ganz normaler Teil der Arbeitsroutine der Assistenten und Oberärzte sind. Ich hatte nie das Gefühl, jemandem eine Last zu sein, da das Wissen sehr gerne weitergegeben wurde. Die Ärzte dieser Klinik hatten regelmäßig Kurse zum Thema „Lehre am Patientenbett“ und wie ich finde, zahlte sich das wirklich aus.

Die dadurch geweckte Neugier und Freude bestärkten mich enorm in meiner Entscheidung, das Medizinstudium zu beginnen.

Das Praktikum ist natürlich unbezahlt, weshalb du vorher etwas Geld ansparen musst. Auch musst du dich meistens selbst um eine Wohnung kümmern. Viele Krankenhäuser in Amerika, die als Universitätsklinik arbeiten, also eine Medizinische Fakultät angebunden haben, bieten aber auch „Student Housing“ oder Ähnliches an. Auch darum musst du dich jedoch meistens selbst kümmern und dich auch deutlich im Voraus für eine Unterkunft bewerben.

Ein weiterer Pluspunkt des Auslandspraktikums war natürlich, wenn ich schon einmal so weit weg von zu Hause war, viel zu reisen. Was die ganze Erfahrung in der Klinik noch angenehmer machte und mir zwischendurch sehr erfrischende Pausen ermöglichte.

Alles in allem war es eine absolut empfehlenswerte und tolle Erfahrung. Ich konnte meine Englischkenntnisse perfektionieren und durfte darüber hinaus deutlich mehr klinisch arbeiten und lernen als wohl die meisten Pflegepraktikanten in Deutschland.

Nach meiner Rückkehr nach Deutschland habe ich noch zwei weitere Wochen Pflegepraktikum drangehängt, um natürlich auch diese Erfahrung mitzunehmen.

Die Anrechnung des Praktikums im Ausland war problemlos möglich. Mein Koordinator schrieb eine kurze Beschreibung all meiner Aufgaben auf Englisch, was das Prüfungsamt meiner Uni in Deutschland auch anerkannte. Ein wichtiger Hinweis: Das die Anerkennung so problemlos verlief, lag daran, dass ich meinen Koordinator darum gebeten habe, explizit zu erwähnen, dass ich viel an der täglichen Patientenversorgung teilgenommen habe (was auch tatsächlich der Fall war). Diese Formulierung war zumindest bei mir genau das, worauf das Prüfungsamt bei der Anerkennung des Pflegepraktikums geachtet hat.

Autorin: Mariya B.