Mein sechsmonatiges Pflegepraktikum

Um an der Universität Witten/Herdecke studieren zu können, musst Du vorher ein sechsmonatiges Pflegepraktikum absolvieren. Dies kann in jeder beliebigen Klinik geschehen und darf auch gesplittet werden. Als ich meine Bewerbung für die Universität im Juli 2017 abschickte, befand ich mich in meinem Freiwilligen Sozialen Jahr, welches nicht im Krankenhaus war. Somit war klar, dass ich bis April 2018 dieses Praktikum vorweisen und deshalb ab September mein Praktikum beginnen musste.

Ich entschied mich, dass Praktikum in zwei Teile zu splitten. Die ersten drei Monate verbrachte ich in einer Sportklinik und die nächsten drei in einem anderen Krankenhaus auf einer gynäkologischen Station. In diesem Bericht möchte ich über meine Erfahrungen aus den Praktika berichten.

Die Sportklinik

Die Sportklinik in Stuttgart behandelt ausschließlich Patienten mit sportlichen Verletzungen. Auf der Station eins lagen deshalb vor allem jüngere Patienten, die Verletzungen wie ein Kreuzbandriss oder Frakturen der Extremitäten (Schulterfraktur, Tibiafraktur usw.) hatten. Auf der zweiten Station lagen etwas ältere Patienten, welche ein Gelenkersatz wie beispielsweise eine Knie-TEP bekommen hatten. Das Pflegepersonal war für beide Stationen dasselbe. Das heißt, die Stationsleitung war für beide Stationen zuständig. In der Regel waren pro Station und Schicht bei einem guten Personalschlüssel 3 Pflegende anwesend und ein Praktikant. Ich rotierte somit oft zwischen den Stationen. Da die Patienten in der Regel sehr fit waren, bestand kein großer Pflegebedarf. Meine Aufgaben bestanden oft darin, beim Klingeln in den Raum zu gehen, Kühlakkus und Essen zu verteilen und später auch beim Wechsel der physiotherapeutischen Maschinen zu helfen.

Mein Tag begann bei einer Frühschicht um 6 Uhr mit der Übergabe aus der Nacht. Ich war jedoch zum Wechseln der Klamotten immer etwas früher vor Ort, da nach der Besprechung der Tag direkt begann. Morgens meldeten sich um ca. 6.30 Uhr die ersten Neuaufnahmen am Pflegestützpunkt, die ich in ihre jeweiligen Zimmer brachte. Ich zeigte den Patienten auch, welche Kleidung sie für die heutige Operation anziehen mussten. Es wurde unglaublich viel operiert und dementsprechend standen jeden Morgen sehr viele Aufnahmen an.

Danach beziehungsweise oft auch schon parallel begann mein Durchgang durch die Station und ich sollte die Temperatur und den Blutdruck der Patienten messen und in die Kurve eintragen. Die Werte sollten optimalerweise schon vor der Visite vorliegen, welche um 7.15 Uhr begann. Nachdem ich meinen Durchlauf beendet hatte, kam das Frühstück, welches ich gemeinsam mit der Stationshilfe verteilte. Parallel dazu wurden die Operationen abgerufen, die ich mit einem Pfleger in die Säle fuhr. Da die Sportklinik ein kleines Krankenhaus ist, gab es zu meiner Zeit noch keinen Transportdienst. Im Anschluss folgte meine Pause mit den anderen Pflegenden zum Frühstücken. Nach der Pause ging es weiter mit dem Stationsalltag. Ich ging los, wenn ein Patient seine Klingel betätigte, verteilte neue Kühlakkus und wechselte bei den Patienten die physiotherapeutischen Maschinen.Ab und zu half ich bei Personalmangel außerdem auf den oberen Stationen aus und wenn ich Patienten zum Röntgen fuhr, half ich auch in der Ambulanz aus. Meine Frühschicht endete um 14:00 nach der Übergabe. Die Spätschichten waren ähnlich aufgebaut, wobei ich hier zudem oft noch Kurven aussortierte und OP-Berichte abheftete.

Nach einem solchen Tag war ich immer sehr fertig, da so unglaublich viel zu tun und die Verschnaufpausen sehr kurz waren. Der hohe Arbeitsaufwand und die oft sehr schlechte Stimmung im Team verbreitete auch bei mir eine negative Stimmung und ich zweifelte oft daran, ob das tatsächlich der richtige Beruf für mich ist. Ich hatte sehr wenig mit den Ärzten zu tun und wenn, dann begegneten mir viele mit großer Arroganz. Auch diese Tatsache erschreckte mich, da ich mir nicht vorstellen wollte, dass mein Traumberuf meine Persönlichkeit so sehr verändern würde. Nach den drei Monaten war ich froh, in eine andere Klinik zu wechseln und ein wenig Abwechslung in meinen Alltag zu bekommen.

Das zweite Pflegepraktikum ging nahtlos in das erste über und begann im Dezember.

Die Filderklinik

Im zweiten Abschnitt meines 6-monatigen Pflegepraktikums wechselte ich auf eine gynäkologische Station. Auf dieser Station waren Patientinnen, die gynäkologisch operiert wurden (z. B. bei Brustkrebs) und auch Patientinnen, die schwanger waren und Komplikationen hatten, weshalb sie stationär aufgenommen werden mussten.

Hier begann mein Tag um 6.15 Uhr, da meine Fahrzeit allerdings 45 Minuten betrug, musste ich deutlich früher das Haus verlassen als bei meinem ersten Praktikum. Auch hier startete die Frühschicht mit einer Übergabe aus der Nacht, die etwa eine halbe Stunde dauerte. Nach dieser Übergabe lief ich oft bei der Pflege im Pflegedurchlauf mit und hörte zu. Parallel dazu begann der Tag der Stationshilfe, weshalb ich beim Frühstückausteilen half und auch den Frühstückstisch für uns deckte. Nach dem Durchlauf wurde gefrühstückt und danach brachte ich die Patientinnen zu ihren hausinternen Terminen. Patientinnen, bei denen nach der Geburt die Säuglinge auf der Intensivstation verlegt wurden, mussten in der ersten Zeit mit dem Rollstuhl dorthin gebracht werden. Danach verteilte ich die anthroposophischen Tropfen, die ich vorher hergerichtet hatte und führte die rhythmischen Massagen bzw. die Wickel bei Patientinnen durch, wo es ärztlich angeordnet worden war. Diese Techniken wurden mir vorher Pflegepersonal beigebracht. Danach kam schon das Mittagessen, welches ich mitverteilte und im Anschluss gab es für uns eine kleine Kaffeepause. Es folgte die baldige Übergabe an den Spätdienst und dann der Feierabend.

Obwohl die Anfahrtszeit zur Filderklinik viel länger war als zur Sportklinik, habe ich meine Zeit hier sehr genossen. Ich hatte mehr Zeit, mir gynäkologische Krankheitsbilder erklären zu lassen und diese auch zu verstehen. Außerdem war die Arbeit nicht so gehetzt und das Arbeitsklima sehr angenehm. Ich habe unglaublich viel Neues gelernt und durfte auch vielmehr selbstständig machen. Diese Zeit habe ich sehr genossen und das hat mich wieder näher an meinen Beruf gebracht. Ich hatte auch auf dieser Station nicht allzu viel mit den Ärzten zu tun, jedoch hatte ich das Gefühl, dass die Hierarchien hier deutlich flacher waren und ich bei Problemen oder Fragen auch die Ärzte hätte fragen könnte.

Fazit

Im Endeffekt bin ich sehr froh, dass ich mein Pflegepraktikum gesplittet habe und dadurch zwei völlig verschiedene Bereiche der Medizin gesehen habe. Dadurch habe ich viel für meinen Beruf gelernt und auch verstanden, wie schwierig der Job in der Pflege ist. Wenn man Pech hat, ist man die einzige Pflegekraft für eine gesamte Station und muss dennoch mit der Situation zurechtkommen. Ich habe nach dem Pflegepraktikum unglaublich viel Respekt vor dem Pflegepersonal, da diese sehr schwierige Situationen meistern und unter viel Druck arbeiten. Auch hat mir das Praktikum beigebracht, dass man sich nie zu schade sein sollte mit anzupacken. Ich möchte in meinem späteren Beruf beispielsweise auch ohne Nachfrage die Bettdecke wechseln, wenn ich bei der Blutabnahme danebengetroffen habe. Ich möchte mir auch nicht zu schade sein, Infusionen abzustöpseln, wenn ich mich sowieso bei dem Patienten im Raum befinde und dies nicht aus Prinzip an die Pflege delegieren.

Alles in allem war das Pflegepraktikum eine sehr lehrreiche Zeit und eine gute Vorbereitung auf den Alltag im Krankenhaus, den man manchmal als Arzt nicht so genau mitbekommt.

Autorin: Saher Dilshad