Im siebten/achten Semester folgten für mich die nächsten Pflichtblöcke in der Gynäkologie und Pädiatrie. Beide sollten 4 Wochen gehen und schlossen mit den jeweiligen OSCE an der Universität ab. In diesem Bericht möchte ich meinen Gynäkologie-Block näher beleuchten.
Im klinischen Abschnitt kommt immer wieder die Frage, in welchem Bereich du dich später spezialisieren möchtest. Dies ist gar nicht so einfach zu beantworten, wenn du mal schnell im Internet schaust, wird dir bewusst, wie schwer diese Entscheidung eigentlich tatsächlich ist: Insgesamt gibt es 34 Facharztrichtungen in Deutschland, wobei du dich in vielen weiter spezialisieren kannst.
Natürlich kannst du das nicht direkt am Anfang des klinischen Abschnitts beantworten, jedoch bilden viele während dieser Zeit gewisse Vorlieben aus, sodass du zumindest eine Richtung angeben kannst. Manche von uns stehen sehr gerne am OP-Tisch, andere wiederum vertragen die gewöhnungsbedürftige Atmosphäre in den OP-Sälen nicht. Sie möchten dann also lieber konservativ arbeiten. Somit kannst du zumindest einige Fachrichtungen für dich ausschließen. Jemand, der gerne konservative Medizin praktiziert und sich beim Operieren unwohl fühlt, wird sicher kein Chirurg werden.
Wenn du jedoch von beiden Seiten der praktischen Medizin fasziniert bist, musst du dich nicht zwingend für eine entscheiden. Es gibt einige Fachrichtungen, die beides miteinander kombinieren. Eine davon ist die Gynäkologie. Einerseits hast du hier die ganzen Tumore, die teilweise operativ therapiert werden. Auf der anderen Seite steht die konservative Seite des Faches, welche vor allem auf der Station oder in der späteren Praxis stattfindet. Ein weiterer Vorteil ist, dass du in der Gynäkologie auf (fast) jede Altersgruppe treffen kannst.
Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt schon wusste, in welche Richtung es für meine spätere Assistenzarzt gehen sollte, freute ich mich trotzdem auf diesen Block, da mir die Theorie in der Vorklinik in diesem Fach sehr Spaß gemacht hatte und ich diese sehr faszinierend fand.
Mein Tag begann immer morgens um 7.45/8 Uhr mit der Frühbesprechung der Ärzte. In dieser erzählte der Diensthabende Arzt, was auf Station und in den OP- Sälen losgewesen ist. Dies war immer sehr unterschiedlich, je nachdem, wie viele Notfälle es gegeben hatte. Auch der Kreißsaal war oft gut gefüllt und manchmal konnte es passieren, dass den ganzen Tag über sehr wenige Frauen in den Wehen lagen und in der Nacht dann plötzlich 5 Kinder auf die Welt kamen. Auch der Oberarzt hatte somit oft gut zu tun, auch wenn er nur Bereitschaftsdienst hatte.
Nach dieser Übergabe wurde noch einmal der Einteilungsplan besprochen, damit für alle klar war, wer wo eingeteilt war. Es gab immer einen Arzt für den Kreißsaal, zwei oder drei für die jeweiligen Stationen, einige in der Ambulanz (je nachdem, welche Sprechstunden angeboten wurden) und einige Ärzte für die jeweiligen Operationssäle. Wir Studenten wurden auch in diesem Einteilungsplan mitberücksichtigt. Zu guter Letzt wurde noch kurz auf den OP-Plan geschaut, damit für alle die jeweiligen OP-Säle klar waren und welche Operationen anstanden.
Danach ging es auf die jeweiligen Stationen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich sehr gerne in der Geburtshilfe und somit im Kreissaal aufhielt, da ich diese am spannendsten fand. Anfangs hatte ich ein wenig Pech und schaffte es nicht, bei einer Geburt komplett dabei zu sein. Teilweise waren diese Geburten von einer Beleghebamme, die kein Extrapersonal im Raum haben wollte oder es war von vornherein klar, dass es sich bei der Geburt um eine stille Geburt handelte, weshalb man der Patientin den Raum dafür geben wollte, und ich hielt mich dementsprechend auch von diesen fern. Doch irgendwann war es soweit und ich erlebte eine Geburt vom Anfang bis zum Ende mit. Diese Erfahrung war unheimlich faszinierend für mich, und ich hatte das erste Mal das Gefühl, dass es mir schwerfiel, komplett professionell zu bleiben, da der Moment unheimlich intim war. Ich half der Hebamme bei der Nachsorge und war ansonsten eher eine stille Beobachterin des Geschehens.
Nach der Geburt besprach ich dies noch einmal mit einer Ärztin, die mir dann auch einiges dazu erklärte. Da in diesem Moment ein wenig Zeit war, ging sie mir dann auch die sehr hilfreichen Untersuchungstechniken in der Geburtshilfe durch. Was ist ein CT? Wieso ist das so enorm wichtig? Was kann ich auf diesem erkennen? Wann muss ich einen Notkaiserschnitt machen? Und wie schnell muss ich sein?
Auch von den Hebammen lernte ich in der Geburtshilfe sehr viel, und hier hatte ich tatsächlich das Gefühl, dass keine Hierarchie vorhanden war. Die Ärzte konnten sich auf die Hebammen verlassen und umgekehrt. Das Arbeitsklima war sehr angenehm und schuf eine gute Atmosphäre. In der Geburtshilfe erlebte ich auch einige Kaiserschnitte mit und durfte auch bei diesem an den OP-Tisch. Dabei wurde mir sehr viel währenddessen erklärt und ein Kind mit diesem auf die Welt zu bringen war völlig anders als eine natürliche Geburt. Die Geburt verlief viel schneller und man war als Arzt der Taktgebende, während der Arzt bei einer natürlichen Geburt oft nicht viel zu tun hat, außer zu beobachten, ob alles reibungslos verläuft.
Ich verbrachte auch einige Zeit in der Ambulanz und in den OP-Sälen. In der Ambulanz war ich erst bei den Patientinnen dabei, die mit einer Überweisung oder Einweisung des Frauenarztes kamen. Das waren auch oft Schwangere, die nach einer Untersuchung aufgenommen wurden. Während dieser Zeit ging ich auch mit in die Brust-Sprechstunde und erlebte hier die Nachsorge einiger Patientinnen nach einem Brustkrebs. Dabei war es sehr unterschiedlich, was die Patientinnen berichteten und welche Komplikationen sie seitdem Krebs/seit der Operation hatten.
Im OP wurde alles Mögliche behandelt und auch hier wurde mir sehr viel erklärt. Ich erlebte vor allem Operationen im/am Unterleib. Leider sah ich keine Brustoperation, da diese nicht in mein Zeitfenster fiel.
Auf Station machte ich die Blutabnahmen und lief mit der zuständigen Assistenzärztin mit. Wir untersuchten viele Patientinnen gemeinsam, und sie zeigte mir, wie eine Nachsorgeuntersuchung nach einer Entbindung bei einer Frau aussieht. Das war sehr spannend und ich entwickelte langsam ein Gefühl dafür, wie ich die Gebärmutter am Bauch tasten sollte und was diese mir über den Zustand der Frau aussagen konnte.
Leider fiel der Unterricht am Nachmittag oft aus, was ein wenig enttäuschend war, da ich somit viele Krankheitsbilder gar nicht kennenlernen konnte. Die Gynäkologie ist unheimlich breit gefächert und es wäre schön gewesen, zu einigem mehr Theorieeinheiten zu bekommen, um die praktischen Erfahrungen besser mit dem theoretischen Teil kombinieren zu können und somit besser zu verstehen. Natürlich hatte ich die Möglichkeit, einen Assistenzarzt zu fragen, jedoch war dies oft zwischen Tür und Angel und nicht ganz so strukturiert wie bei dem normalen Blockunterricht. Letzten Endes holte ich dann diesen Teil selbstständig zu Hause nach.
Fazit
Insgesamt fand ich den Block trotzdem sehr gut, da ich schnell meine Station gefunden hatte und bei dieser in der Zeit viel gelernt habe. Ich bin nach wie vor sehr fasziniert von der Gynäkologie und habe unheimlichen Respekt vor dieser, jedoch schrecken mich die doch sehr anstrengenden Dienstzeiten in der Klinik ab. Ein Gynäkologe hat eigentlich immer zu tun und muss immer erreichbar sein. Jede Sekunde kann überlebenswichtig werden und Notfälle in der Gynäkologie gehören zum Alltag. Viele Ärzte sind sehr erschöpft und angestrengt. In der Gynäkologie kommst du auch sehr selten pünktlich aus der Klinik raus. Um ein guter Gynäkologe zu sein, musst du also diesen Job wirklich mit Herz und Seele lieben und viele Opfer (vor allem auf Kosten der Freizeit und der eigenen Familie) erbringen. Für mich wird sie aus diesem Grund wahrscheinlich eher nicht mein Fach werden.
Autorin: Saher Dilshad