Erfahrungsbericht: Staatsexamen

Das Staatsexamen (liebevoll auch Hammerexamen oder einfach nur Stex genannt) ist das zweite in einer Reihe von drei Examen, das Du während Deines Medizinstudiums absolvieren musst.

Das Stex besteht inhaltlich aus allen Fächern und Fachbereichen, die im Laufe der drei Jahre des klinischen Studienabschnittes gelehrt wurden. Das klingt jetzt erst einmal erschlagend, ist aber tatsächlich gar nicht so dramatisch.

Die Prüfung selbst dauert drei Tage und wird zentral von einer Prüfungskommission gestellt. Deine eigene Universität und demnach auch die Lehre an deiner Klinik haben keinen Einfluss auf das Examen, das IMPP (Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen) hat hier allein das Sagen. An der Uni Köln, an der ich studiere, haben die meisten Dozenten allerdings schon während der Klinik die Klausuren und Prüfungen inhaltlich und vor allem im Format sehr an die Fragen des IMPP angepasst, sodass ich mich schon daran gewöhnen und mich mit dem Format vertraut machen konnte.

Die Vorbereitung

Die beiden gängigsten Lernpläne, Amboss und Medilearn, sehen einen 100-Tage-Lernplan vor, dies ist in der Realität allerdings nur sehr schwer zu bewältigen, da niemand 100 Tage am Stück bis zu 12 Stunden vor dem Examen durchgehend lernen kann. Meine Freundinnen und ich haben also einen eigenen Masterplan gebastelt, der den Amboss-Lernplan von 100 auf etwas mehr als 150 Tage streckte. Dadurch erkauften wir uns regelmäßig freie Wochenenden zur Erholung und einen Puffer für evtl. Krankheit, Reisen oder Tage, an denen einfach der nötige Antrieb fehlt. Vor allem der Bedarf an ausreichender Erholung wird schnell unterschätzt. Für die Gedächtniskapazität ist es allerdings von enormer Bedeutung, regelmäßige Pausen einzuplanen, um den zuvor gelernten Stoff zu verinnerlichen und seine Batterien neu aufzuladen. Nicht vergessen: Der Stex-Lernplan fordert eher Ausdauer als Kraft!

Zudem verleiht es Dir eine enorme innere Ruhe zu wissen, dass Du auch trotz Krankheit oder einem Zwischenfall im Privatleben nicht direkt mit dem Lernen in Verzug kommst, sondern sowohl an Wochenenden oder auch an den Puffertagen Wissen nachholen kannst. Mein Lernplan umfasste sogar 160 Tage, da ich gleich zu Beginn einen 10-tägigen Urlaub eingeplant habe. Rückblickend kann ich Dir nur sehr ans Herz legen, früh genug mit dem Lernen zu beginnen.

In den meisten Lernplänen ist es vorgesehen, dass Du gleich zu Beginn damit anfängst, alte Fragen und Examen zu „kreuzen“. Ich persönlich würde Dir darüber hinaus empfehlen, an den Wochenenden und an freien Tagen immer mal wieder ausschließlich die Inhalte der vorherigen Lernwoche in Form von Fragen zu verfestigen ­– ein paar Minuten Zeitinvestition reichen hier meistens schon aus.

Da meine Kommilitoninnen und ich genug Zeit für den Lernplan, Wochenenden und Pausentagen eingeplant haben, war unser Lernplan ca. 2 Wochen vor der eigentlichen Prüfung erfüllt. In diesem Zeitfenster habe ich rückblickend mit Abstand am meisten gelernt. Ich habe täglich einen inhaltlichen Block wiederholt, um den Überblick über grobe Zusammenhänge zu vertiefen und mich nicht in Details zu verlieren und gleichzeitig auch jeden Tag eine Masse an inhaltlich zusammenhängenden Fragen zu wiederholen. Dadurch konnte ich das Fragenprinzip verinnerlichen und lernte die Falltexte gezielt und konzentriert zu lesen. Meine Freundin schlug in dieser Zeit einen anderen Weg ein. In den letzten Tagen vor der Prüfung hat sie nur noch grob Inhalte wiederholt und sich eher auf Erholung und Stressabbau konzentriert. An dieser Stelle gibt es wohl kein richtig oder falsch, sondern es kommt stark darauf an, was für ein Typ man ist.

Unverzichtbar beim Staatsexamen ist ein gutes soziales Umfeld! Bei einer solchen Masse an Lernstoff ist das Lernen ein Marathon und kein Sprint – Du brauchst deshalb Menschen, mit denen Du im regen Austausch stehst und die Dir helfen können, diesen Marathon mit ausreichend Energie und Kraft zu bestreiten. Ich hatte glücklicherweise zwei Freunde, die das Gleiche durchmachten wie ich. Wir tauschten uns regelmäßig aus, halfen einander Themen zu verstehen, haben oft Fragen zusammen besprochen und uns gegenseitig auch mal beruhigt und zurück auf den Boden geholt.

Das Staatsexamen ist sicher nicht einfach und über einen so langen Zeitraum ausdauernd und mit viel Einzeldisziplin zu lernen ist nicht nur kein Zuckerschlecken, sondern phasenweise wirklich kräftezehrend. Dabei Menschen an seiner Seite zu haben, die das gleiche durchmachen, ist extrem hilfreich und hat mir nicht nur viel Ruhe gegeben, sondern auch eine Perspektive verliehen.

Ablauf der Prüfung

Die Prüfung findet an drei aufeinanderfolgenden Tagen (9-14 Uhr) in einem großen Saal außerhalb der Klinik und Fakultät statt. Am Morgen beginnt die Prüfung mit dem Aushändigen des Prüfungsheftes, dazu ein Anlagenheft und einem Lösungsbogen. Für die Durchführung stehen dir dann fünf Stunden zur Verfügung. Bring dir für die Prüfung unbedingt ausreichend Essen und Trinken mit und mache zwischendurch kurze Pausen, in denen du dir auch mal die Beine vertrittst!

Es ist sehr verlockend, sich nach den ersten beiden Tagen noch möglichst viel Stoff ins Kurzzeitgedächtnis zu schlagen und sich nicht richtig zu erholen – Erholung ist aber auch beim Schreiben der Prüfung extrem wichtig. Auch ist es möglich, am Abend eines Prüfungstages die eigenen Ergebnisse online zu prüfen und eine Prognose über dein Ergebnis zu erhalten – dies ist je nach Gemüt gut oder schlecht.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Prüfungstage für mich sehr lang waren. Auch wenn ich „nur“ den halben Tag beschäftigt war, war ich dennoch sehr müde und erschöpft. Deswegen habe ich an den beiden ersten Nachmittagen nur noch zwei oder drei kleine Themen wiederholt und danach sehr auf mich selbst und meinen Körper gehört. Ich habe viel Schlaf nachgeholt, ausreichend gegessen und mich um mein Wohlbefinden gekümmert, um die weiteren Tage gut durchzustehen zu können.