Während der Corona-Hochphase befanden sich alle in einer Ausnahmesituation, die keiner von uns so kannte. Während das Land immer wieder in einem Lockdown ging, wurde im Hintergrund mit Hochdruck an einer Lösung gearbeitet. Irgendwann war es dann so weit und die ersten Impfstoffe kamen auf den Markt. Um dem Andrang gerecht zu werden, beschloss die Regierung bundesweit Impfzentren zu eröffnen. In diesem sollten Ärzte und MFAs die Impfkampagne tatkräftig unterstützen.
Ich befand mich zu dieser Zeit in Österreich für eine Famulatur und bekam dies nur am Rande mit. Meine Mitbewohnerin erzählte mir, dass noch immer Mitarbeiter für die Impfzentren gesucht werden und auch Medizinstudenten sich bewerben können. Da der Verdienst auch sehr hoch war, beschloss ich mich bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (kurz: KVWL) zu bewerben. Diese organisierten bei uns vor Ort die Impfzentren. Nachdem meine Bewerbung bestätigt wurde, konnte ich nun online meine verfügbaren Dienste eintragen. Da ich ein Auto zur Verfügung hatte, konnte ich meinen Radius erweitern und mehr Impfzentren aus der Umgebung angeben.
In diesem Bericht möchte ich Dir erzählen, wie diese Dienste für mich abliefen und was ich dabei alles lernen konnte.
Meinen ersten Einsatz hatte ich erst im Mai 2020 und ich freute mich sehr, dass ich einen bekommen hatte. Ich hatte von vielen gehört, dass sie bis jetzt keinen Dienst gemacht hatten, obwohl sie viele Zeiträume im März und April angegeben hatten.
Mein erster Dienst war ein Frühdienst und begann um 7.30 Uhr. Zuvor hatte ich den Dienstausweis per Mail zugeschickt bekommen, mit dem ich dann durch die Security am Türeingang kam. Danach musste ich in den Personalraum, wo von den Leitern der Ausweis gescannt wurde, um die Arbeitszeit zu erfassen. Als nächstes versammelten sich alle in den Hinterraum und warteten auf die Leiter des Impfzentrums. Nachdem dann alle anwesend waren, wurden wir bezüglich der Änderungen geschult und bekamen alle erforderlichen Informationen für den Dienst. Es wurde auch für alle noch einmal erklärt, wie die Nadel zu halten ist und wo geimpft werden sollte. Außerdem fragten uns die Leiter, wer denn zum ersten Mal dabei war. Die, die zum ersten Mal arbeiten sollten dann nach dem Go der Leiter einen Moment dableiben. Wir erhielten noch eine zusätzliche Schulung und wurden dann auf die unterschiedlichen Impfkabinen aufgeteilt. In diesen waren schon erfahrene MFAs/Medizinstudenten, die uns einarbeiten sollten.
Insgesamt gab es bei meinem Impfzentrum 5 Impfkabinen, in denen unterschiedliche Impfstoffe vorhanden waren. Die ersten 3 Impfkabinen waren reine BioNTech- Impfkabinen. In diesen wurde ausschließlich mit diesem Impfstoff geimpft. In der vierten gab es dann zusätzlich den Moderna-Impfstoff. Hier mussten die MFAs vor dem Impfen aufpassen und in den Unterlagen der Patienten schauen, welcher Impfstoff verwendet werden sollte, zu guter Letzt gab es noch die letzte Impfkabine, in der alle Impfstoffe geimpft wurden.
Ich arbeitete anfangs in den ersten 3 Impfkabinen und als ich ein paar Dienste hinter mich gebracht hatte, konnte ich auch die vierte gut allein meistern. Die Ärzte führten die Aufklärungsgespräche und dann wurden die Patienten in unsere Kabinen zum Impfen weitergeschickt. Ich verabreichte also den Impfstoff. Doch musste ich – anders als in der Hausarztpraxis – den BioNTech-Impfstoff nicht selbst aufziehen, sondern bekam diesen von den Leitern in einer Dose verpackt. In jeder Dose waren 7 Spritzen, sobald ich nur noch zwei hatte, konnte ich draußen dem Personal für den Warteraum Bescheid sagen. Diese führten ein Walkie-talkie mit sich und verständigten dann die Leiter, damit ich neuen Impfstoff bekam. Das funktionierte sehr gut und ich musste sehr selten auf den Impfstoff warten. In der Dose war auch immer das Chargenetikett des Impfstoffes enthalten. Dieses reichte ich weiter an den Arzt, damit es beim jeweiligen Patienten in das Impfbuch eingeklebt werden konnte.
Die Leiter überblickten das Ganze und achteten auch darauf, dass wir in regelmäßigen Abständen eine Pause bekamen bzw. die Aufgaben tauschten. Die MFAs waren nämlich nicht nur für das Impfen zuständig, sondern nahmen in einer weiteren Station die Abmeldung vor.
Die Patienten warteten nach der Impfung im Warteraum 15 Minuten (es gab Stoppuhren) und durften sich dann am Tresen abmelden. Dazu sollten sie ihre Unterlagen und die Versichertenkarte der Krankenkasse bereithalten. Wir mussten die Karte dann einscannen, damit die Daten des Patienten erfasst wurden und dann die Chargennummer mit der im Impfausweis kontrollieren. Zum Schluss wurden diese Daten ausgedruckt und zusammen mit einer Kopie der Aufklärung verpackt und weitergeleitet. Hierbei ging es darum, dass alle relevanten Daten erfasst wurden, um daraus Statistiken abzuleiten. Dadurch wissen wir beispielsweise heute, wie viele aus der Gesellschaft einmalig, zweimalig oder dreimalig geimpft worden sind. Die Aufgabe hier war sehr einfach und bereitete mir nicht viel Stress.
Der Dienst endete um 14.30 Uhr. Dann konnte ich wieder in den Personalraum, wo nochmals mein Dienstausweis gescannt wurde. Damit war nun meine Zeit für den Tag erfasst und ich durfte nach Hause. Die Spätdienste liefen in der Regel genauso ab.
Ich habe tatsächlich lieber in der Impfkabine gearbeitet, da ich da näher am Patientenkontakt war und mehr Praktisches machen musste. Anfangs waren die Impfzentren ziemlich voll, wodurch ich fast keine Zwischenpause hatte. Zum Ende wurde es immer leerer, weshalb das Personal reduziert wurde und manchmal trotzdem Leerlauf entstand.
Die Arbeit im Impfzentrum hat mir sehr viel Spaß gemacht. Es herrschte stets ein gutes Arbeitsklima und ich konnte bei Schwierigkeiten stets nachfragen. Wenn ich eine Pause brauchte, konnte ich das auch sehr leicht einfordern und wurde schnell abgelöst. Ich kann heute überhaupt nicht mehr sagen, wie viele Impfungen ich verabreicht habe. Um Dir jedoch trotzdem eine Vorstellung vom Arbeitspensum zu geben: An einem Tag hatte ich zeitweise mitgezählt und bei meiner fünfzigsten Impfung erst aufgegeben weiterzuzählen. Da hatte ich erst die Hälfte des Dienstes hinter mich gebracht.
Die Zeit war sehr lehrreich und das Impfzentrum war sehr gut organisiert. Ich denke, dass wir solch ein Erlebnis nicht noch einmal haben werden, weshalb ich trotz der schwierigen Zeit dankbar für die Erfahrung und das entgegengebrachte Vertrauen bin. Die Coronapandemie hat vieles eingefordert. Im Impfzentrum hatte ich das Gefühl, dass die Anspannung etwas abfiel und man konnte ein wenig Zeit mit völlig unterschiedlichen Menschen aus unterschiedlichen Berufen verbringen.
Autorin: Saher Dilshad