Der OSCE in der Orthopädie

Einer der ersten mündlich-praktischen Prüfungen (OSCE) im klinischen Abschnitt war der OSCE in der Orthopädie. Dieser fand am Ende des fünften bzw. Anfang des sechsten Semesters statt und schloss sich an das Ende des Blockpraktikums in der Orthopädie an. Anders als die OSLER wurde dieser jedoch nicht vor Ort an den jeweiligen Lehrkliniken abgenommen, sondern folgte an der Universität mit Simulationspatienten. Für die Vorbereitung des OSCEs hatte ich etwas früher angefangen als üblich, nämlich während ich mich in einer Famulatur an der Filderklinik befand. Zu dieser Zeit war der OSCE noch 5 Wochen entfernt. Ich teilte mir ein Zimmer mit einer Kommilitonin, mit der ich dann in der zweiten Woche auch gemeinsam in die Vorbereitung ging.

Leider waren wir anfangs etwas überfordert, da wir kein offizielles Skript (wie wir es eigentlich gewohnt waren) an die Hand bekommen hatten und natürlich alle nach dem Blockpraktikum je nach Klinik auf einem unterschiedlichen Wissensstand waren. Wir waren es aus der Vorklinik gewohnt, die Untersuchungskurse regelmäßig zu besuchen und dadurch die Untersuchungstechniken zu erlernen und zu proben. Dies war hier nicht mehr der Fall. Im klinischen Abschnitt musst Du Dir vieles selbst organisieren, um die Prüfungen zu bestehen.

Deshalb suchten wir in den Unterlagen der höheren Semester nach einem Skript und wurden fündig. Dies war von einem Studierenden geschrieben worden und beinhaltete alle wichtigen orthopädischen Erkrankungen und ihre Untersuchungsmethoden. Es war strukturiert und es mussten nur noch die Untersuchungsabläufe auswendig gelernt werden. Die Untersuchungen waren zum größten Teil aus dem ersten vorklinischen OSCE bekannt und mussten nur aufgefrischt werden. Einige Tests waren jedoch neu und meine Kommilitonin und ich übten diese gemeinsam vor Ort an uns gegenseitig.

Neu dazu kam in diesem OSCE vor allem das Klinische Denken. Nach den spezifischen Tests endete nicht der Untersuchungsablauf, sondern ging weiter. Wir sollten eine Verdachtsdiagnose in den Raum stellen und diese begründen und zu dieser dann die Therapieempfehlung nennen und erklären können. Dabei reichte es nicht zu sagen, dass operativ oder konservativ behandelt werden könnte, sondern Du musstest mehr in die Tiefe gehen. Welche Nägel werden benutzt? Wann kannst Du eine Schiene einsetzen und wann entfernst Du diese? Um diese optimal erläutern zu können, sollten wir auch die wichtigsten Komplikationen kennen, über die wir im Zweifel aufklären sollten. Manchmal unterscheiden sich die Therapien auch nach dem Alter. Da musstest Du enorm vorsichtig sein und beide kennen, denn hier kam es auf das vorangegangene Fallbeispiel an.

Nach einer Weile saßen dann auch meine Untersuchungsabläufe und ich fühlte mich gut vorbereitet. Leider bekamen wir circa eine Woche vor der Prüfung die Nachricht, dass diese nicht – wie geplant – vor Ort stattfinden konnte, da die Corona-Maßnahmen angezogen wurden und die Veranstaltung zu groß wäre. Um uns trotzdem eine Prüfung zu ermöglichen, wurde die Prüfung online gehalten, was für alle sehr ungewohnt war. Natürlich hatten wir bis dahin schon Prüfungen im Onlineformat absolviert, doch das waren schriftliche Prüfungen gewesen, und wir stellten uns alle die Frage, wie eine praktische Prüfung, in der wir eigentlich einen Simulationspatienten untersuchen, im Online-Format umgesetzt aussehen würde. Dies war für uns alle eine völlig neue Situation und ich fühlte mich nun doch etwas unvorbereitet.

In der Prüfung gab es unterschiedliche Zoom-Gruppenräume, in welchen immer ein Arzt und ein Simulationspatient auf einen warteten. Sobald Du in den Raum kamst wurde Dir das Fallbeispiel gezeigt und Du solltest sofort damit beginnen, Deinen Untersuchungsablauf zu erläutern. Es war also mehr ein Erzählen und somit eher eine mündliche Prüfung als eine praktische. An manchen Stationen gab es Röntgenbilder, die Dir noch eingeblendet wurden. Auch diese solltest Du dann strukturiert beschreiben und Anomalien aufzeigen. Am Ende kamen an manchen Stationen noch Gegenfragen und dann waren die getakteten 6 Minuten auch schon vorbei und Du musstest den Raum verlassen bzw. wurdest in den nächsten befördert. Die Prüfung lief von der Organisation ähnlich ab, wie unser OSCE vor Ort, jedoch war es sehr ungewohnt, manche Untersuchungstechniken nicht einfach vormachen zu können und diese so treffend wie möglich zu beschreiben. Nichtsdestotrotz war das eine gute Übung, um zu lernen, wie Du Dich am zutreffendsten ausdrücken kannst und dabei nicht über Deine eigenen Worte stolperst. Damit wurde auch für mich ein Grundstein für die kommenden OSLER gelegt, in denen man nicht immer alle Untersuchungen am Patienten vormacht, sondern hinterher nachbespricht. Ich war sehr froh, dass die Universität uns diese Leistung in diesem Format angeboten hatte, denn ansonsten hätte ich die Prüfung im nächsten Semester nachholen müssen, was dann doch sehr weit entfernt vom Blockpraktikum gewesen wäre. Dadurch, dass ich vor kurzem in der Orthopädie gewesen war, konnte ich mich an einige Sachen erinnern, die ich im Blockpraktikum aufgeschnappt hatte oder im Unterricht besprochen hatte, was bei manchen Fragen der Ärzte weiterhalf.
Nach der Prüfung ging ich wider Erwarten mit einem guten Gefühl raus und hatte das Gefühl, etwas gelernt zu haben. Somit hatte die Prüfung ihren Zweck trotz der Gegebenheiten und Einschränkungen erfüllt.

Autorin: Saher Dilshad