Herzlichen Glückwunsch! Du hast Dich für einen großartigen Beruf entschieden und es spielt keine Rolle, ob Du schon mittendrin im Medizinstudium bist, ob Du Dir erst überlegst, Dich für einen Studienplatz zu bewerben, oder Du diesen Artikel als ausgebildeter Arzt liest.
Ich stimme allen zu: Das Medizinstudium ist eine große Herausforderung, aber es ist gleichzeitig ein spannendes Abenteuer. In diesem Artikel wird es um den Inhalt dieses Abenteuers gehen.
Erst mal grundsätzlich: Das Studium dauert 12 Semester und wird in 2 Studienabschnitte – vorklinischen (1.-4. Semester) und klinischen (5.-12. Semester) – unterteilt, wobei die letzten 2 Semester nur praktisch sind, das heißt, Du bist als angehender Arzt in der Klinik tätig. Das nennt man PJ (Praktisches Jahr).
1. Abschnitt (1.-4. Semester)
Der vorklinische Abschnitt ist überwiegend naturwissenschaftlich orientiert, es erwarten Dich Fächer wie:
- Anatomie (funktionelle, topografische – makroskopische, mikroskopische) und Neuroanatomie,
- Biologie und Chemie, auch als Voraussetzung für Biochemie (besteht aus 2 Teilen im 2. und im 4. Semester),
- Terminologie,
- Physik, als Voraussetzung für Physiologie (Vegetative und Neurophysiologie),
- Psychologie und Soziologie, sehr relevant für das Physikum (1. Staatsexamen)*,
- Allgemeinmedizin - Berufsfelderkundung (keine Klausur),
- Querfächer zur Einführung in die klinische Medizin mit Patientenvorstellung (FamFit, Basispropädeutik, Kurs Kommunikation und Interaktion, OP-Führerschein).
Darüber hinaus beschäftigst Du Dich mit einem Wahlfach (es gibt immer mehrere Angebote an der Universität). Hier hast du 2 Möglichkeiten: Du hast bereits ein anderes Fach studiert und kannst Dir dieses im Dekanat anerkennen lassen, oder Du machst während des Studiums (Vorklinik) 20 Stunden das, was Dich am meisten interessiert.
Außerdem wird von Dir eine Ausbildung in Erster-Hilfe erwartet. Diese weist du entweder über die Teilnahme an einem Erst-Hilfe-Kurs oder über eine Ausbildung im Gesundheitswesen nach.
Als praktischen Teil enthält der vorklinische Abschnitt ein dreimonatiges (90 Tage) „Pflegepraktikum in der stationären Patientenversorgung“. Auch dieses bringst Du entweder bereits mit ins Studium z. B. durch das Hospitieren und Arbeiten in einer Pflegeeinrichtung / Klinik, durch eine Ausbildung in einem Gesundheitsberuf oder Du absolvierst es in 3 Blöcke à 30 Tage in den Semesterferien.
Das sind die Voraussetzungen für das 1. Staatsexamen, das nach dem vorklinischen Abschnitt folgt (also nach dem 4. Semester).
Wie ist das Studium in der Vorklinik organisiert?
Die Lehrveranstaltungen finden meistens in Form von Vorlesung und Pflichtpraktika (z. B. Chemie-, Biologie-, Physik- und Biochemiepraktikum) sowie Seminaren statt, wobei der Veranstaltungsumfang tagesfüllend sein kann. Veranstaltungen werden per Anmeldung zugeteilt und müssen nicht extra durch den Studierenden organisiert werden.
Was zu den Klausuren im 1. Studienabschnitt wichtig ist?
Ich muss Dich vorwarnen, der Lernaufwand in der Vorklinik ist relativ hoch. Du hast sehr viele Pflichtveranstaltungen und bekommst sehr viele neue Informationen, die Du in sehr kurzer Zeit zu lernen hast. Neben Klausuren zum Ende des Semesters gibt es in den meisten Universitäten bestimmte Testate, die innerhalb der Pflichtpraktika abgegeben werden sollen und den Lerndruck entsprechend erhöhen. Im Medizinstudium schreibst Du keine Semesterarbeit, sondern die meisten Klausuren werden schriftlich via Multiple Choice (MC-Fragen) durchgeführt. Die Anzahl von Fragen variiert von 20 bis 100 Fragen pro Fach. Die Art der Fragestellung ist für viele Studienanfänger ungewohnt. Mit der Zeit gewöhnst Du Dich jedoch an das „Kreuzen“. Zudem sind manche Prüfungen, vor allem in Anatomie, mündlich und hier gelten die gleichen Regeln - Du musst mindestens 60 % aller Fragen richtig beantwortet haben, um die Prüfung bestanden zu haben. Im Fall der mündlichen Prüfung werden hier meistens 2 bis 3 Fragen zum Fach gestellt. Dabei ist es wichtig, mindestens eine Frage gut zu beantworten.
Physikum oder das 1. Staatsexamen:
Das 1. Staatsexamen (Physikum) ist für alle Medizinstudierende die erste wesentliche Hürde des Studiums. Der schriftliche Teil ist an 2 aufeinanderfolgenden Tagen, besteht aus 320 Multiple Choice Fragen und dauert insgesamt 8 Stunden. Der mündliche Teil dauert ca. 45 - 60 Minuten und findet an Deiner Universität statt. Geprüft wirst Du hier in den Fächern: Anatomie, Physiologie und Biochemie.
2. Abschnitt (5.-12. Semester)
Der klinische Abschnitt – ist im Vergleich zum vorklinischen sehr berufsorientiert und hier holen alle Medizinstudierende erst mal Luft und atmen auf.
In der Klinik beginnt endlich auch das, was wir tatsächlich vom Medizinstudium erwartet haben, als wir uns für diesen Beruf entschieden haben.
Fächer, die wir nun auf unserem Stundenplan finden, sind an die entsprechenden klinischen Fachrichtungen angelehnt:
- Allergologie
- Allgemeinmedizin
- Anästhesiologie
- Arbeits- und Sozialmedizin
- Ärztliches Berufsrecht
- Augenheilkunde
- Chirurgie
- Kinderchirurgie
- Plastische, Hand-, Rekonstruktive und Verbrennungschirurgie
- Chirurgie - THG-Chirurgie
- Chirurgie – Unfallchirurgie
- Dermatologie
- Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
- Humangenetik / Medizinische Genetik
- Innere Medizin
- Innere Medizin IV: Klinische Chemie
- Innere Medizin VI: Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Innere Medizin VII: Tropenmedizin
- Kinder- u. Jugendmedizin
- Kinder- und Jugendpsychiatrie
- Medizinische Biometrie
- Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
- Mikrobiologie und Hygiene
- Medizinische Virologie
- Symbol Kategorie
- Neurologie
- Neurologie - Neurochirurgie
- Neurologie - Neuroradiologie
- Neuropathologie
- Orthopädie
- Pathologie
- Pathologie-Neuropathologie
- Pharmakologie und Toxikologie
- Psychiatrie
- Radiologie
- Radioonkologie
- Rechtsmedizin
- Regenerationsmedizin
- Transfusionsmedizin
- Urologie
Darüber hinaus gibt es sogenannte Querschnittsfächer, die gemeinsame Schnittmengen mit mehreren Fächern bilden:
Querschnittsbereich I: Gesundheitsökonomie, - system, Medizinische Biometrie + Informatik
Querschnittsbereich II: Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin
Querschnittsbereich III: Klinische Onkologie, Strahlenbehandlung
Querschnittsbereich IV: Infektiologie und Immunologie
Querschnittsbereich V: Klinisch-pathologische Konferenz
Querschnittsbereich VI: Klinische Umweltmedizin
Querschnittsbereich VII: Medizin des Alterns und des alten Menschen, Palliativmedizin, Psychosomatik
Querschnittsbereich VIII: Notfallmedizin einschließlich akutes Abdomen, Transfusionsmedizin
Querschnittsbereich IX: Klinische Pharmakologie, Pharmakotherapie
Querschnittsbereich X: Prävention, Gesundheitsförderung, Reise- und Tropenmedizin
Querschnittsbereich XI: Radiologie, Bildgebende Verfahren, Strahlenschutz
Querschnittsbereich XII: Rehabilitation, Physikalische Medizin, Naturheilverfahren
Querschnittsbereich XIII: Palliativmedizin
Querschnittsbereich XIV: Schmerzmedizin
Um mehr Verständnis und eine bessere Vorstellung von den Fächern zu bekommen, werden manche Vorlesungen durch Unterricht auf den Stationen ergänzt. Hier lernst Du, wie Du Anamnesegespräche als Arzt führst, wie Du Befunde erheben kannst und wie und wann Du die Untersuchungen eines Patienten durchführst. Dementsprechend sind semesterbegleitende Blockpraktika in folgenden Fächern zu erbringen:
- Allgemeinmedizin
- Frauenheilkunde
- Chirurgie
- Innere Medizin
- Pädiatrie
- und natürlich allen bekannten Famulaturen
In den Semesterferien sind die Praktika (Famulaturen) sowie das Pflegepraktikum im vorklinischen Studienabschnitt in Einrichtungen der ambulanten und stationären Patientenversorgung zu erbringen. Insgesamt sind es 120 Kalendertage, und zwar:
- 30 Tage in einer ambulanten Einrichtung,
- 60 Tage in einer stationären Einrichtung und
- 30 Tage in einer niedergelassenen Praxis.
Die Mindestdauer beträgt 15 Tage und kann sowohl in Deutschland als auch im Ausland absolviert werden.
Zweites Staatsexamen (schriftlicher Teil) - Hammerexamen
Nach dem 10. Semester ist wieder die Zeit, sich auf das Staatsexamen vorzubereiten. Das Examen ist an 3 aufeinanderfolgenden Tagen und beinhaltet 320 Fragen zu allen klinischen Fächern.
Praktisches Jahr (PJ)
Das praktische Jahr wird in 3 Hauptabschnitte á 16 Wochen geteilt:
- 4 Monate arbeitest Du als Medizinstudierende in der Inneren Medizin;
- 4 Monate in der Chirurgischen Einrichtung;
- 4 Monate in einem Bereich Deiner Wahl
Dieses ist nicht auf den stationären Sektor beschränkt, sondern kann auch in einer Einrichtung der ambulanten Krankenversorgung absolviert werden. Genauso wie die Famulaturen kannst Du das PJ auch im Ausland ableisten.
Drittes Staatsexamen (mündlicher Teil)
Das Krankenhaus bzw. die Klinik oder niedergelassene Praxis prüft Dich mündlich nach dem abgeleisteten Jahr an 2 aufeinanderfolgenden Tagen in den 3 klinischen Fächern (Innere Medizin, Chirurgie und Wahlfach) sowie einem zugelosten Fach. Neben einem theoretischen Teil beinhaltet die Prüfung einen praktischen Teil, bei dem Du Deine praktischen Fähigkeiten (Untersuchungen, Befunderhebungen) an einem zuvor zugeteilten Patienten demonstrieren sollst.
Modellstudiengänge
Als Modellstudiengänge der Medizin bezeichnet man Varianten des klassischen Regelstudienganges Medizin in Deutschland, die auf Basis einer bis auf Weiteres befristeten landesrechtlichen Sondergenehmigung als Abweichung von § 41 der Approbationsordnung angeboten werden dürfen.
*im Physikum hat das Fach „Psychologie und Soziologie“ genau die gleiche Anzahl von Fragen und Punkten dafür, wie Anatomie und Biochemie.
Autorin: Svetlana Avetisyan
*Zur besseren Lesbarkeit werden in den Übersichten personenbezogene Bezeichnungen, die sich zugleich auf Frauen und Männer beziehen, in der männlichen Form angeführt.