Zugegeben, diese Entscheidung ist gar nicht so einfach. Du hast Dich viele Jahre durch die Schule gekämpft und plötzlich ist alles vorbei. Nun sollst Du Dich so schnell wie möglich entscheiden: Wird es eine Ausbildung oder ein Studium? Welches Studium soll es denn werden?
Dieser Bericht soll Dir zeigen, was Du bei der Wahl für das Medizinstudium beachten solltest und wie Du letzten Endes herausfindest, ob die Wahl auch wirklich das Richtige für Dich ist.
Abitur – und jetzt?
Nach meinem Abitur stand ich wie die meisten vor der Entscheidung, was ich denn eigentlich mit meinem Leben anfangen möchte. Die Entscheidung, in welchen Beruf Du später gehen willst, musst Du schon sehr jung treffen. Natürlich kannst Du später immer noch etwas anderes beginnen und trotzdem machte mir diese Entscheidung im ersten Moment viel Angst und Druck. Gerade das Medizinstudium ist eines der längsten Studiengänge und ich wollte mir absolut sicher sein, ob mich die Medizin tatsächlich so fesselt, dass ich bereit bin, mindestens 6 Jahre diesem Studienfach nachzugehen.
Die Entscheidung zu treffen, Medizin zu studieren, sollte also nicht plötzlich kommen, sondern kristallisiert sich im Laufe Deines Lebens heraus. Bei meiner Bewerbung für die Universität Witten/Herdecke sollte ich diese Motivation und meinen Werdegang näher erläutern. Beim Verfassen fiel mir dabei auf, wie tief und wie weit zurückliegend meine Liebe für die Medizin ist. Natürlich war mir vorher nicht bewusst, dass viele meiner Interessen in diesen Bereich münden würden, doch beim Verschriftlichen wurde mir das immer klarer.
Wichtig bei der Entscheidungsfindung ist es also, in sich hineinzuhorchen. Wieso willst Du überhaupt Medizin studieren? Sei dabei ganz ehrlich zu Dir selbst. Auch die Aussage „Ich möchte meinen Mitmenschen helfen“, sollte eine tiefgehende Bedeutung haben. Deinen Mitmenschen kannst Du nämlich auch mit vielen anderen Berufen helfen. Zum Beispiel hilft eine Kfz-Mechatronikerin auch den Mitmenschen, indem sie ihre Autos auf Vordermann bringt oder ein Steuerberater, indem der sich um den lästigen Briefverkehr mit dem Finanzamt kümmert. Du siehst, es ist wichtig, dieser Aussage mehr Tiefe zu geben. Bei mir beispielsweise setzte sich die Motivation aus den persönlichen Erfahrungen in meinem Leben und meiner Leidenschaft für naturwissenschaftliche Fächer zusammen.
Wenn Du Dich dann tatsächlich für ein Studium entschieden hast, solltest Du auch bedenken, wieso es gerade Medizin sein soll und kein anderes Fach? Der Gesundheitssektor hält auch viele weitere attraktivere Jobs bereit, wie die Ausbildung zum Krankenpfleger oder das Studium zum Physician Assistant. Ich muss hierbei ehrlich sagen, dass ich viele andere Berufe gar nicht kannte und mich nach meinem FSJ nicht für die Arbeitswelt bereit fühlte, weshalb ich mich für das Studium entschied. Ich wollte zudem einen zukunftssicheren Beruf haben, mit dem ich theoretisch auch ins Ausland gehen könnte. Ich wollte mir so viele Wege wie möglich offenhalten und habe mich deshalb für das Medizinstudium entschied.
Wenn Dir die Vorteile für das Medizinstudium bewusst werden, ist es unabdingbar, auch an die Nachteile zu denken. Als zukünftiger Arzt musst Du in Deinem Leben vieles opfern und sehr oft Dein Privatleben bzw. Deine Freizeit zurückstellen. Bist Du dazu wirklich bereit? Im ersten Moment klingt es so, als läge das noch in ferner Zukunft, doch auch das Studium geht – wie die Schulzeit – schneller vorbei, als Du denkst.
Die Arbeitsbedingungen sind im Gesundheitssektor sehr gewöhnungsbedürftig und vieles wird auf das Personal abgewälzt. Du musst hierbei sehr vorsichtig sein. Einerseits kannst Du nicht einfach – wie in vielen Bürojobs – nach Deiner offiziellen Arbeitszeit gehen und offenes auf den nächsten Tag oder auf einen Kollegen schieben (dadurch, riskierst Du im schlimmsten Fall das Leben Deiner Patienten!), andererseits musst Du in diesem Job unbedingt eine klare Grenze ziehen, wie viel Du schaffst und was Du delegieren musst, damit Du überhaupt aus dem Krankenhaus herauskommst. Ich habe im klinischen Abschnitt teilweise Arbeitsbedingungen erlebt, die eigentlich mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren sind. Ferner hilfst Du niemanden, wenn Du vollkommen übermüdet in der Klinik bleibst, da auch Deine Konzentration nach einer Zeit nachlässt. Die Fehler, die Du dann machst, können Leben kosten – sei Dir dessen stets bewusst!
Leider ist auch noch kein Ende in Sicht, was den Personalmangel und die schlechten Arbeitsbedingungen betrifft, weshalb es so enorm wichtig ist, sich damit schon vor dem Studium auseinanderzusetzen.
Im Laufe meines Studiums habe ich bemerkt, dass einigen meiner Kommilitonen überhaupt nicht klar ist, welche Bürde dieser Job auch manchmal sein kann. Nun, wo wir alle kurz vor dem zweiten Staatsexamen stehen, bekommen einige von ihnen eine Existenzkrise, da ihnen zwar das Studium und die theoretische Medizin enorm viel Spaß bereitet hat, doch das tatsächliche Arbeiten mit kranken Menschen sie eher abschreckt.
Mache Dir bitte deshalb vorher Gedanken, wohin das Studium letzten Endes mündet und welche Eigenschaften Du dafür mitbringen solltest. Es reicht nicht, nur gut in der Theorie zu sein. Hinterher ist den Patienten ein mitfühlender Arzt, der sich Zeit nimmt und zuhört evtl. viel wichtiger als ein Arzt, der mit Bestnoten das Studium absolviert hat, jedoch im Umgang mit seinen Patienten eher kalt ist.
Fazit:
Mit 18 Jahren ist es vielleicht auch zu früh, solch eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen. Wenn Du Dir unsicher bist, dann mache erst mal eine Ausbildung in diesem Bereich. Dadurch wirst Du hautnah miterleben, welche Vor- und Nachteile dieser Job mit sich bringt und ob er wirklich zu Dir passen könnte. Solltest Du das Studium nur beginnen, da die Plätze so begehrt sind, dann bist Du hier leider falsch. Das Medizinstudium erfordert vor allem viel Energie und Durchhaltevermögen, um es zu Ende zu bringen. Gute Noten allein reichen hier nicht aus.
Autorin: Saher Dilshad