Du hast die Approbation frisch in der Tasche, hast dich auf deine Traumstelle beworben und nun trennt dich nur noch eine einzige Sache von deinem Eintritt ins Berufsleben: das Vorstellungsgespräch. Die gute Nachricht vorab: Aufgrund des derzeitigen Ärztemangels hast du bei den meisten Gesprächen eine gute Chance, dass du im Anschluss eine Stelle zugesagt bekommst. Doch was ist, wenn du dich für eine ganz bestimmte Traumstelle bewirbst und wirklich nur diese und keine andere willst? Oder du bewirbst dich in einer Großstadt, wo der Ärztemangel tendenziell nicht so stark ist wie auf dem Land, sodass du doch aus der Masse hervorstechen musst? In diesem Artikel erfährst du alles, was du als Vorbereitung auf dein Vorstellungsgespräch wissen musst.
In der Regel dauern die Vorstellungsgespräche in den Kliniken nicht sehr lange. Ein Großteil der Bewerber gibt an, 30 Minuten im Gespräch gewesen zu sein. Natürlich existieren auch Ausnahmen. So hat eine angehende Assistenzärztin berichtet, morgens zu einem Gespräch in der Klinik erschienen zu sein und dann spontan den ganzen Tag dort verbracht und die Ärzte und Pfleger bei der Arbeit begleitet zu haben. Dies stellt aber nur die absolute Ausnahme dar. Was die Kleidung angeht, so versuche dich „business casual“ zu kleiden. Diese Stilrichtung stellt ungefähr die klassische Bürokleidung dar. Die Herren dürfen hier auch einen Anzug mit Krawatte tragen und die Damen ein Kostüm.
Die meisten Gespräche sind in vier Phasen unterteilt: Zunächst erfolgt die Begrüßung. Häufig wird es so sein, dass dir ein Chef- und/oder Oberarzt, ein weiterer Arzt und ein Personalreferent gegenüber sitzen. Wichtig ist es vor allem, dass du pünktlich bist. Viele Kliniken geben an, dass sie einem zu spät erschienen Bewerber grundsätzlich eine Absage geben. Natürlich ist es immer vorteilhaft, einen freundlichen, offenen Eindruck zu hinterlassen, bspw. indem du lächelst, jedem der Gesprächsteilnehmer die Hand gibst und dich erst hinsetzt, sobald dir einen Platz angeboten worden ist. Bereits für die erste Phase ist es sehr wichtig, gut vorbereitet zu sein: Informiere dich vorher auf der Internetseite der Klinik, wie der Chefarzt und der leitende Oberarzt heißen und schaue dir auch das weitere medizinische Personal auf der Station an. Jede weitere Person, die dort arbeitet, könnte dir im Vorstellungsgespräch zusätzlich gegenüber sitzen. Merke dir, falls Fotos vorhanden sind, nicht nur die Namen, sondern auch die zugehörigen Gesichter.
In der zweiten Phase geht es um dich. Du hast nun die Möglichkeit, dich selbst kurz vorzustellen. Deine Selbstpräsentation sollte, falls nicht anders gewünscht, ca. 3 Minuten dauern. Hier solltest du nicht einfach deinen Lebenslauf, den die Klinik bereits vorliegen hat, vorstellen. Erzähl lieber etwas zu deinem Werdegang, zu deiner Dissertation und welche Erfahrung und Persönlichkeitsmerkmale du für die Klinik im Allgemeinen und die Station im Speziellen mitbringst. Anschließend werden dir wahrscheinlich Fragen gestellt. Zum einen gibt es die „typischen“ Fragen, wie z. B. zu deinen Stärken und Schwächen. Zähle möglichst 2 - 3 Stärken auf, die gut zum Arztberuf und speziell zu der Facharztrichtung, auf die du dich bewirbst, passen. Nenne ruhig auch Schwächen. Wichtig ist, dass du hier auch erwähnst, wie du mit diesen Schwächen umgehst und sie vielleicht sogar in Stärken umwandeln kannst. Ebenfalls gehört die Frage nach der Freizeitgestaltung zu den Standard-Fragen. Bleib hier bitte bei der Wahrheit - solltest du den Golfsport angeben, diesen jedoch noch nie ausgeübt haben, so hast du ein Problem, wenn der Chefarzt selbst passionierter Golfspieler ist und sich mit dir über Details aus dieser Sportart unterhalten möchte. Fragt man ehemalige Berufseinsteiger nach weiteren Fragen, die ihnen im Vorstellungsgespräch gestellt wurden, werden außerdem noch folgende Fragen genannt: Welche Lehrbücher besitzen Sie für dieses Fach? Was denken Sie, ist der Unterschied zwischen der Uniklinik und uns? Mit welchen Geräten haben Sie bisher im Labor gearbeitet? Manche wurden gebeten, einen besonders anspruchsvollen Patientenfall aus Ihrem PJ zu beschreiben und wie Sie darauf reagiert haben. Andere sollten ein Rollenspiel nachspielen, in dem sie demonstriert haben, wie sie in bestimmten Situationen im medizinischen Alltag reagieren. Wichtig zu wissen ist, dass ihr auf manche Fragen per Gesetz keine Antwort geben müsst oder falsche Angaben machen dürft. Hierzu gehören u. a. die Fragen zur Familienplanung oder zur Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft.
Anschließend wird einer der Gesprächsteilnehmer die Klinik und Station vorstellen und dir die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen. An dieser Stelle zu schweigen, kann Desinteresse signalisieren. Deswegen gehört es auch hier zu einer guten Vorbereitung, sich Fragen zu überlegen. Nimm dir am besten Schreibutensilien von zu Hause mit, sodass du dir vor dem oder im Laufe des Gespräches Fragen notieren kannst. Mit manchen Fragen solltest du dich an dieser Stelle jedoch zurückhalten. Hierzu gehört z. B. alles, was mit dem Abbau von Überstunden oder der Anzahl der Nachtdienste zu tun hat.
Zuletzt erfolgt die Verabschiedung. Hier gilt Ähnliches wie in der Begrüßungsphase. Zeige dich offen und selbstbewusst und verabschiede dich von jedem Gesprächsteilnehmer. Wichtig ist, dass du das Gespräch nicht verlässt, bevor du weißt, wie es weitergeht. In den meisten Fällen wird dir die Klinik nicht direkt eine Zu- oder Absage geben. Es sollte aber besprochen worden sein, bis wann du mit einer Rückmeldung rechnen kannst. Ein wichtiger Tipp: Selbst wenn du im Laufe des Gespräches für dich erkannt haben solltest, dass du auf keinen Fall in dieser Klinik arbeiten möchtest, solltest du dir dies nicht anmerken lassen! Klinikärzte sind häufig auch über Stadtgrenzen hinweg eine stark vernetzte Gruppe. Wenn du es deinen heutigen Gesprächspartner zu sehr spüren lässt, dass du keinerlei Interesse an einer Stelle in seiner Klinik hast, wird er vielleicht abends mit seinem Tennis-Partner über dich sprechen – und jener Tennis-Partner ist vielleicht Chefarzt in deiner Traum-Klinik, in der du am nächsten Tag das Vorstellungsgespräch hast.
Autorin: Anne Sophie P.