Altersvorsorge für Mediziner

Das Thema Altersvorsorge spielt heutzutage für alle Berufsgruppen eine sehr große Rolle. Äußerst wichtig ist sie für die sehr gut verdienenden Berufsgruppen, zu denen Human- und Zahnmediziner definitiv dazu gehören.

Die besondere Wichtigkeit kann man anhand von vier Punkten ableiten:

  1. Mediziner leben im Durchschnitt vier Jahre länger als der Durchschnitt der Bevölkerung. Deshalb wird im Alter deutlich mehr Geld benötigt als im Querschnitt der Bevölkerung, da es länger reichen muss.
  2. Mediziner verdienen in der Regel deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung/zum Versorgungswerk. Beiträge zur Rentenversicherung respektive bei Medizinern zum Versorgungswerk werden nur bis zu einem Einkommen in Höhe von 85.200 Euro (Beitragsbemessungsgrenze 2023) im Jahr erhoben. Deshalb fällt das Rentenniveau von Medizinern, welches sich prozentual gemessen an der Höhe der Beitragszahlung orientiert, entsprechend niedrig aus im Vergleich zum tatsächlich verdienten Einkommen zum Ende des Berufslebens. Das Einkommen zum Ende des Berufslebens liegt meist sehr weit über 85.200 Euro und spiegelt dann den individuellen Lebensstandard wieder.
  3. Zusätzlich haben Mediziner eine lange Ausbildungszeit und somit eine kürzere Arbeitszeit. Das sorgt für kürzere Einzahlungszeiten in das Versorgungswerk damit für eine geringere Rentenanwartschaft.
  4. Zuletzt kommt hinzu, dass die Versorgungswerke keine Zuschüsse zur Beitragszahlung der Krankenversicherung im Rentenalter zahlen. Das schmälert die auf dem Papier höher aussehende Versorgungswerksrente nach dem Abzug der Beiträge deutlich. Dieser Punkt ist den meisten Medizinern nicht bewusst.

Zusammen genommen sorgen die vier Punkte dafür, dass die Rente aus dem Versorgungswerk zu Rentenbeginn in der Regel sehr weit unter dem Einkommen aus der Erwerbsphase, das dann den Lebensstandard wiederspiegelt, liegt. In der Regel will man sich aber gerade dann, wenn man den Ruhestand mit viel Zeit genießen möchte ungern große Abstriche machen. Je nach Fachrichtung, Arbeitssituation, Gesamtarbeitszeit gemessen in Arbeitsjahren und gewünschtem Lebensstandard in der Rente beträgt die Rentenlücke eines Mediziners häufig mindestens 50 % - Rentenlücken in Höhe von 70 % und mehr sind ebenfalls häufig an der Tagesordnung.

Die Frage ist: Was solltest Du tun?

Das Wichtigste ist, dass Du Dich früh und intensiv mit dem Thema Rente beschäftigt. Die Altersvorsorge ist das größte finanzielle Ziel, dass Du in Deinem Erwerbsleben verfolgst. Dazu solltest Du zwei wichtige Dinge verinnerlicht haben: Das heute verdiente Einkommen muss auf der Zeitachse so verteilt werden, dass Du in der Rentenphase ebenfalls noch einen Lebensstandard hast, mit dem Du Dich persönlich wohl fühlst. Meistens liegt dieser Lebensstandard bei 70 bis 80 Prozent des Einkommens, den man zuletzt (also vor Renteneintritt) in der Erwerbsphase hatte. Alle Lebenskosten und damit Gewohnheiten, die Du zu dem Zeitpunkt hast, sind auf das dann aktuell Einkommen ausgerichtet und können häufig gar nicht von einem auf den anderen Tag geändert werden (Beispiel: Wohnsituation, Kinder mit noch nicht beendeter Ausbildung, etc.). Dazu kommt, dass beim Sparen für das Alter der Zinseszinseffekt den entscheidenden Faktor darstellt.

Dazu ein Rechenbeispiel:

Wenn Du 200 Euro im Monat über Dein gesamtes Berufsleben 40 Jahre lang sparst und 4 % Anlagerendite erzielt (das ist über so lange Zeiträume in der Regel gut erzielbar), dann ergibt sich eine Eigeninvestition von 96.000 Euro (200 Euro mal 12 Monate mal 40 Jahre). Das Endergebnis beträgt dank des Zinseszinseffektes aber ca. 236.400 Euro! Wenn Du 10 Jahre später anfängt zu sparen, hast Du zwar 24.000 Euro Eigeninvestition „gespart“ – Du kommst am Ende aber auch nur noch auf eine Gesamtsumme von 138.800 Euro. Um 10 Jahre später ebenfalls auf das Ergebnis von 236.400 Euro zu kommen, müsstest Du statt 200 Euro monatlich schon 340 Euro monatlich sparen. Insgesamt wären das in 30 Jahren Sparzeit 122.400 Euro Eigeninvestition, um auf das gleiche Ergebnis zu kommen. Damit hättest Du im Erwerbsleben insgesamt 24.400 Euro weniger für Wohnen, Hobbys, Urlaub oder sonstigen Konsum. Sparen und Konsum gehen also Hand in Hand, wenn Du das Thema früh beginnst. 200 Euro sind übrigens kein hoher Sparbetrag für einen Arzt – es handelt sich lediglich um eine Beispielrechnung – die wirkliche Sparrate muss immer individuell bestimmt werden und hängt von unterschiedlichsten Faktoren ab.

Wie kannst Du als Mediziner privat sparen?

Welche Sparformen die richtigen sind kann pauschal nicht beantwortet werden. Ebenso verhält es sich mit der Höhe der Sparrate. Hier ist die persönliche Situation hinsichtlich

  • Welche Ausgaben habe ich heute und welche Ausgaben plane ich im Alter zu haben (auch wenn das noch sehr weit weg ist)?
  • Welches Einkommen habe ich heute, wohin wird es mal steigen und welches Einkommen benötige ich im Alter für meine geplanten Ausgaben?
  • Familienplanung und Familiensituation
  • Arbeitssituation heute und in Zukunft:
  • Dauerhaft angestellt oder Niederlassung geplant
  • Arbeit im Ausland kurzzeitig oder dauerhaft geplant?
  • Sabbatical, Elternzeit(en), Teilzeitarbeit geplant?
  • Habe ich ein sicheres Erbe zu erwarten auf das ich mich verlassen kann und das meine Sparanstrengung minder könnte?

zu beachten. Gleichzeitig stehen einem als Mediziner nahezu alle Spar- und Investitionsformen offen.

Hier sind zu nennen:

  • Staatlich geförderte Sparprodukte wie
  • betriebliche Altersvorsorge und Basisrentenversicherungen
  • private Vermögensbildungsprozesse zum Beispiel in Form von
  • privaten Rentenversicherungen
  • Sparpläne in Fonds und ETFs
  • Investitionen in fremdgenutzte Immobilien

Ganz wichtig ist: Alle diese Sparformen haben Vor- und Nachteile („Nebenwirkungen“) hinsichtlich:

  • Staatlicher Förderung
  • Flexibilität (Beleihbarkeit, Verpfändbarkeit, Kapitalisierbarkeit, Vererbungsregelungen, usw.)
  • Besteuerung/Sicherheit hinsichtlich der Besteuerung
  • Insolvenzsicherheit/Zugriffsmöglichkeiten des Staates auf das Geld
  • Kosten/Einstandskosten
  • Persönlichem Zeiteinsatz

Meistens stellt sich heraus, dass eine Kombination verschiedener Alternativen des Vermögensaufbaus bezogen auf die individuelle Situation das Beste ist.

Welche Besonderheiten gibt es bei Mediziner noch zu beachten?

Förderfähigkeit in Bezug auf eine Riesterrente:

Aufgrund der Mitgliedschaft im Versorgungswerk sind Mediziner nicht eigenständig förderfähig in Bezug auf eine Riesterrente. Diese ist bei Medizinern ausschließlich als sog. Zulagenvertrag sinnig, wenn ein Ehegatte vorhanden ist, der selbst riesterrentenförderfähig ist (Mitglied der deutschen Rentenversicherung, Beamter, …).

Freiwillige Zuzahlung zum Versorgungswerk:

Um die Rente aus dem Versorgungswerk zu erhöhen, können auch individuelle, freiwillige Zuzahlungen zum Versorgungswerk geleistet werden. Hier ist allerdings Vorsicht geboten. Zunächst hat die Höhe der Zuzahlung von ihrer Sinnhaftigkeit her Grenzen (das hat etwas mit der steuerlichen Abzugsfähigkeit zu tun) und zweitens sollte man immer im Hinterkopf haben, dass ein Teil des Geldes im Versorgungswerk nicht verzinst wird. Tendenziell lohnt sich eine solche Zuzahlung – wenn überhaupt – erst zum Ende des Berufslebens, wenn kein Zinseszinseffekt mehr erzielt werden kann.

Senkung des Krankenversicherungsbeitrages im Alter:

Eine Möglichkeit den Beitrag der Krankenversicherung im Alter zu senken, zu dem das Versorgungswerk nichts hinzugibt, liegt für Privatversicherte Mediziner im Abschluss eines sog. Beitragsentlastungstarifes. An einem solchen Tarif beteiligt sich in bestimmten Grenzen sogar der Arbeitgeber. Für gesetzlich versicherte Mediziner gibt es diese Möglichkeit nicht.

Der Partner oder die Partnerin als „Altersvorsorge“:

Zu guter Letzt sollte die eigene Altersvorsorgeplanung niemals von einem Partner oder einer Partnerin abhängig gemacht werden. Auch in einer Partnerschaft sollte jeder für sich individuell vernünftig aufgestellt sein. Zum einen begegnet man sich so immer auf Augenhöhe ohne, dass einer vom anderen abhängig ist und zum anderen weiß man nie was die Zukunft bringen wird.

Fazit und Vorgehen

Eine gute Altersvorsorgeplanung ist zum einen extrem wichtig ist und zum anderen sehr komplex. Deshalb solltest Du im ersten Schritt die hier im Text aufgeworfenen Fragen zur persönlichen Situation soweit wie möglich für Dich beantworten (das wird nie abschließend möglich sein – auch wenn nur ein Teil beantwortet werden kann ist Handeln geboten – Stichwort: Zinsenzinseffekt!). Dabei solltest Du in Bezug auf die Ausgaben- und Einnahmenplanung die Hilfe eines Beraters oder einer Beraterin in Anspruch nehmen, sodass die Ausgaben und die dafür benötigten und auch schon zu erwartenden Einnahmen auch inflationsbereinigt näherungsweise korrekt errechnet werden. Das ist einer der wichtigsten Punkte in der Planung. Hierbei ist auch zu beachten, dass eine abbezahlte Immobilie im Alter zwar bedeutet, dass Du mietfrei und ratenfrei wohnst. Kostenfrei wohnst Du deshalb aber noch lange nicht! Dieser Punkt wird häufig stark unterschätzt.

Zuletzt solltest Du Dich zur Errechnung der wahrscheinlichen Altersvorsorgelücke, der Bestimmung der monatlichen Sparrate zur Schließung dieser Lücke und zur Auswahl der Mischung der richtigen Tarife, Fonds, ETFs und Immobilien einen ausgebildeten Medizinerberater mit guten Kenntnissen im Bereich des Versorgungswerkes zur Hilfe nehmen. Dieser kann neben der Abschätzung der zu erwartenden Renten aus dem Versorgungswerk auch gute Annahmen zur zu erwartenden Einkommensentwicklung von Medizinern treffen. Gleichzeitig kann er oder sie auch das Portfolio in Bezug auf die Möglichkeiten und die Zielsetzung gut zusammenstellen – denn Fonds ist nicht gleich Fonds, ETF nicht gleich ETF und Rentenversicherung nicht gleich Rentenversicherung. Hier gibt es riesige Unterschiede in Bezug auf Kosten, Flexibilität, steuerliche Gegebenheiten etc. pp. Einmal gemachte Fehler beim Aufbau des Vermögens für das Alter können häufig zu einem späteren Zeitpunkt entweder gar nicht mehr oder nur unter hohen Kosten und Aufwendungen korrigiert werden. Das heute ausgesuchte Portfolio sollte fortwährend immer wieder vom Profi überprüft und angepasst werden.